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Als Angehörige des britischen Commonwealth haben Kanada, Australien und Neuseeland nicht nur eine gemeinsame historische Tradition, sie teilen auch ähnliche ökonomische Eigenschaften – und die Herausforderungen. Die Länder sind, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Eisenerz (Australien), Milchprodukten (Neuseeland) oder Öl (Kanada), von den Rohstoffpreisen betroffen. Und obwohl die Rohstoffpreise in letzer Zeit unter Druck geraten sind, konnten alle drei Länder – die oftmals auch als „Commodity Currencies“ (Rohstoffwährungen) oder als Teil des „Dollar-Blocks“ gesehen werden – in anderen Wirtschaftsbereichen, wie dem Eigenheimmarkt, weiter wachsen, so dass die Notenbanken schwache externe Treiber ausgleichen und dabei auf der Hut vor einer Überhitzung der Wirtschaft sein mussten. Chris Siniakov und Andrew Canobi vom Franklin Templeton Investments Australian Fixed Income Team bieten einen Überblick über die Lage in den Rohstoffmärtken der Länder und darüber, wie die jeweiligen Notenbanken auf das sich verändernde Marktklima reagiert haben.


Chris Siniakov, Managing Director
Andrew Canobi, CFA, Director
Australian Fixed Income
Franklin Templeton Investments
Australien, Neuseeland und Kanada waren unter den Ländern, die von dem „Superzyklus“ der Rohstoffe am stärksten profitieren konnten. Das hohe Wachstum in diversen Schwellenländern, insbesondere in China, führte zu einem Anstieg der Rohstoffpreise, der zu Beginn der 2000er Jahre seinen Anfang nahm.
Australiens Terms of Trade (Einfuhrtauschverhältnis)1 profitierte zu Beginn des Superzyklus der Rohstoffe am stärksten, da der Boom im Immobilienmarkt in China einen drastischen Preisanstieg für wichtige Exportgüter, wie Eisenerz und Kohle, mit sich brachte. Neuseeland profitierte anfangs weniger, der Nutzen für das Land ist jedoch längerfristiger, da die Nachfrage nach Exporten landwirtschaftlicher Produkte mit dem steigenden Lebensstandard in den Schwellenmärkten stieg. Der Nutzen für Kanada ergab sich weitgehend aus einer Funktion des Ölpreises – wenn er stieg, stiegen in der Regel parallel dazu auch die Terms of Trade Kanadas.
Der Superzyklus bei den Rohstoffen führte nicht nur zu einer Erhöhung der Terms of Trade des Landes, sondern auch zu höheren Gewinnspannen in bestimmten rohstofforientierten Sektoren. Das veranlasste Unternehmen zu Investitionen, um die Reichweite ihrer Geschäftstätigkeiten zu vergrößern. Während dieser Zeit spiegelten die Unternehmensinvestitionen in Australien und Kanada, mit einer zeitlichen Verzögerung von ein bis zwei Jahren, recht genau die Terms of Trade wider. Die Unternehmensinvestitionen in Neuseeland folgten einem ähnlichen Muster. Allerdings wurden die Gesamtinvestitionen hier nach dem tragischen Erdbeben in Christchurch 2011 zusätzlich von einem Boom im Bereich Eigenheimbau erhöht.
Finanzierung des Investitionsbooms
Die eigenen Finanzmittel in den Ländern erwiesen sich als zu gering für diese hohen Investitionssteigerungen der Unternehmen. Das führte zu fallenden Leistungsbilanzen2 und das wiederum bedeutete, dass mehr Geld im Rest der Welt geliehen wurde. Aber anders als üblicherweise angenommen führten die Leistungsbilanzdefizite nicht zu einer Abwertung der Währungen. Die australischen, neuseeländischen und kanadischen Dollar konnte während dieser Zeit zulegen.
Wir rechnen einen großen Teil der relativen Stärke dieser Währungen der Art ausländischer Verbindlichkeiten, die eingegangen wurden, zu. Bisher verzeichneten Australien, Neuseeland und Kanada das, was wir für relativ qualitativ hochwertige Leistungsbilanzdefizite halten, denn ein großer Teil der aufgenommenen Mittel wurde in profitable Unternehmensinvestitionen gelenkt und nicht zur Finanzierung des Binnenkonsums aufgewendet. Einen relativ hohen Anteil der eingegangenen Verbindlichkeiten machten Direktinvestitionen aus, die dazu tendieren längerfristiger Natur als Zu- und Abflüsse aus bzw. in Aktien- und Anleihenportfolios zu sein. Außerdem sind die Zinsen höher als in vielen anderen Industriemärkten. Das lässt sich auf die ständigen Finanzierungserfordernisse, die durch die Leistungsbilanzdefizite entstehen, zurückführen.
Der Zyklus wird unterbrochen
So wie die erhöhten Terms of Trade dem Wachstum in der Vergangenheit zugute kamen, erwies sich der jüngste Rückgang der Rohstoffpreise als starker Widerstand für das zukünftige Wachstum. Unserer Meinung nach haben die Unternehmensinvestitionen aller Wahrscheinlichkeit nach Mitte 2013 in Australien ihren Höhepunkt erreicht. Der Ausblick für Neuseeland scheint auf eine ähnliche Verlangsamung im kommenden Jahr hinzudeuten. Bisher waren die Reaktionen der Politik auf das sich verlangsamende Wachstum in allen Ländern ähnlich – niedrigere Zinsen zur Stimulation des Konsums der Haushalte und Investitionen in den Nicht-Rohstoff-Sektor sowie die Einführung von Risikokontrollen zum Schutz vor einem weiteren Anstieg der Schulden der Privathaushalte.
Die Zinsen in Kanada sind derzeit niedriger als in Australien und Neuseeland. Sofern es zu keiner drastischen Korrektur des Haushaltsdefizits kommt, besteht für die Bank of Canada unserer Meinung nach nur sehr wenig Spielraum für weitere Zinssenkungen. Kanadas enge Verbundenheit mit einer wachsenden US-Wirtschaft dürfte jedoch Unterstützung für Wachstum bieten. Demgegenüber sind die Zinsen in Neuseeland im Vergleich zu anderen Industriemärkten relativ hoch. Das bietet der Reserve Bank of New Zealand unserer Meinung die Möglichkeit, die Geldpolitik zur Stimulation der Aktivität im Binnenmarkt zu lockern. Wir glauben auch, die sich verschlechternde Leistungsbilanz Neuseelands und die hohen internationalen Nettoverbindlichkeiten werden aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Klima geldpolitischer Lockerungen zu einem sehr schwachen neuseeländischen Dollar führen.
Unserer Ansicht nach wird sich die Reserve Bank of Australia (RBA) wahrscheinlich weiter auf einen niedrigeren Wechselkurs und möglicherweise einen niedrigeren Geldmarktsatz konzentrieren, denn die Widerstände, auf die die australische Wirtschaft stößt, werden aufgrund der geringen Beiträge des staatlichen Sektors zum Wachstum noch zusätzlich verstärkt. Obwohl es wahrscheinlich scheint, dass zukünftige Zinssenkungen zu Verlusten des australischen Dollar führen werden, erscheint die Qualität der australischen Leistungsbilanz besser als die der neuseeländischen. Starke Währungsverluste des australischen Dollar erscheinen uns daher weniger wahrscheinlich. Wir sind der Meinung, für die RBA gibt es bei der Geldpolitik noch einiges zu tun. Wir glauben aber auch, die RBA wird während der nächsten Monate eine Pause einlegen, um die Auswirkungen ihrer geldpolitischen Lockerungen, die im Februar und März diesen Jahres umgesetzt wurden, zu bewerten.
1. „Terms of Trade“ ist eine Maßzahl für den Wert der Exporte eines Landes im Vergleich zu den Importen. Sie werden durch die Division des Werts der Exporte durch den Wert der Importe ermittelt.
2. Die Leistungsbilanz eines Landes ist die Summe aus Handelsbilanz (Exporte abzüglich Importe), dem Nettoeinkommen aus dem Ausland und der laufenden Transfers. Eine positive Leistungsbilanz bedeutet, ein Land ist ein Nettokreditgeber an den Rest der Welt, während eine negative Leistungsbilanz darauf hindeutet, dass ein Land ein Nettokreditnehmer vom Rest der Welt ist. Die Leistungsbilanz eines Landes gilt als wichtiger Indikator für seine wirtschaftliche Gesundheit.
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