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Drei Experten der Templeton Global Equity Group, Norm Boersma, Cindy Sweeting und Heather Arnold, erläutern ihre Sicht der jüngsten Entwicklungen in Griechenland.



Norman J. Boersma, CFA
Chief Investment Officer
Templeton Global Equity Group
Cindy L. Sweeting, CFA
Director of Portfolio Management
Templeton Global Equity Group
Heather Arnold, CFA
Director of Research, Portfolio Manager, Research Analyst
Templeton Global Equity Group
Der eindeutige Ausgang des Volksentscheids am 4. Juli in Griechenland gegen die Sparpolitik erhöht unserer Meinung nach die Wahrscheinlichkeit eines „Grexit“ oder eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone. Der griechische Premierminister Alexis Tsipras hat den Volksentscheid als Stärkung seiner Position gegenüber den Geldgebern in den Verhandlungen interpretiert. Es ist aber möglich, dass Tsipras angesichts der schrecklichen Folgen, die Griechenland und seinem Banksystem drohen, und dem Wunsch der Mehrheit der griechischen Wähler, in der Eurozone zu verbleiben, zu Zugeständnissen bereit ist. Die politischen Entscheider der Eurozone werden aber wahrscheinlich bei ihrer Position bleiben und Griechenland gegenüber kein großes Entgegenkommen zeigen. Unserer Meinung nach müssen sie der Entstehung populistischer Bewegungen anderenorts in Europa entgegen wirken. Dabei stehen sie unter zunehmendem Druck von ihren eigenen Wählern, die immer unwilliger werden, Flexibilität bei den Verhandlungen zuzulassen. Die Meldungen über den Rücktritt des griechischen Finanzministers Varoufakis wird als positiver Schritt für Verhandlungen gewertet, wir denken aber, die „Nein“-Stimme in Griechenland am ersten Juli-Wochenende, die prekäre Situation im griechischen Banksystem und das Misstrauen der europäischen Politik gegenüber der derzeitigen griechischen Regierung haben eindeutig die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Griechenland die Eurozone verlässt.
Angesichts der ständigen aktuellen Veränderungen der Situation ist der Versuch einem griechischen Exit-Szenario eine Wahrscheinlichkeit zuzuweisen schwierig, denn die Lage ändert sich von Tag zu Tag. Unsere Vorgehensweise ist es, die Situation zu beobachten und die Robustheit des Engagements einzuschätzen, falls es zu einem Exit kommen sollte. Anleger mit einem höheren Engagement in der Eurozone könnten potenziell unter zumindest kurzfristiger Volatilität leiden, falls die Instabilität in Griechenland zu einem Dominoeffekt führt, der sich auch auf andere regionale Volkswirtschaften und Märkte auswirkt. Doch machen die verstärkten Brandmauern der Region dieses Ergebnis weniger wahrscheinlich. Die Schaffung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)1 und einer Bankenvereinigung in der Region gepaart mit geldpolitischen Mitteln wie Outright Monetary Transactions2 und Ankäufen von Staatsanleihen im Rahmen der quantitativen Lockerung müsste Europa unserer Ansicht nach viel widerstandsfähiger gegen negative Einflüsse machen, als es zu Beginn der regionalen Schuldenkrise der Fall war. Griechenland erzeugt weniger als 2% des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone3 und griechische Anlagen wurden größtenteils aus den Bankbilanzen der Eurozone ausgeschlossen. Auch dies legt nahe, dass jegliches Übergreifen der Probleme auf das weitere Umfeld begrenzt bleiben dürfte.
Das Potenzial für einen Exit Griechenlands wirft auch die allgemeinere Frage der wahrgenommenen Irreversibilität der Währungsunion auf, die aus den anderen 18 Mitgliedsstaaten der Eurozone besteht. Wie vorstehend bereits angesprochen verfügt die Eurozone heute über mehr Mittel, um auf einen potenziellen Ansteckungseffekt zu reagieren. Eine positive Sichtweise auf europäische Aktien wird aber auch unterstützt von der schrittweisen Eskalation der institutionellen Integration, die in Europa vor sich geht. Der letzte Schritt in diesem Prozess war die Ankündigung am 22. Juni eines Plans zur Intensivierung der institutionellen Integration durch die Europäische Kommission. Dieser, auch „Five Presidents‘ Report“ genannte Plan enthält Maßnahmen über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Ermöglichung einer stärkeren Finanz- und Fiskalunion.
Sollte sich Griechenland – selbst wenn die Auswirkungen entsprechend durch die geld- und liquiditätspolitischen Mittel der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Kontrolle gehalten werden – auf einen Exit zubewegen, könnten wir erleben, dass sich das Ausmaß und Tempo des Strebens nach mehr Integration erhöhen. Solch eine beschleunigte Entwicklung würde sich wahrscheinlich positiv auf die Anlegerwahrnehmung der strukturellen Integrität der Eurozone auswirken. Wir bleiben aber dennoch wachsam und behalten die mögliche Gefahr im Auge, dass Wähler in Europa sich Nationalismus anstatt einer zukünftigen Integration zuwenden. Genau beobachten werden wir insbesondere aktuelle Entwicklungen, die zu einer entsprechenden Umorientierung von Wählern in Deutschland führen könnten, die müde sind, schwächere Nationen in der Eurozone zu unterstützen, und von Wählern in Ländern der Peripherie, die genug von der Sparpolitik haben.
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1. Im Februar 2012 gegründet, ist der ESM der ständige Krisenbewältigungsmechanismus für die Länder der Eurozone. Der ESM gibt Schuldverschreibungen zur Finanzierung von Darlehen und andere Formen der finanziellen Unterstützung für die Staaten der Eurozone.
2. Definitive Währungstransaktionen sind im September 2012 bekannt gegebene Kaufprogramme, in der die Europäische Zentralbank kurzfristige Anleihen der Eurozone-Staaten auf dem Sekundärmarkt zum Kauf anbietet, um die Marktzinsen nach Ländern unterliegenden Spekulationen, dass sie eventuell die Eurozone verlassen, zu reduzieren.
3. Quelle: Eurostat. Auf Basis der geschätzten Q3 2014 Bruttoinlandsproduktdaten zum jeweiligen Preis. Daten vom 22. Januar 2015.
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