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Der überraschende Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen könnte Europa als Warnung dienen, dass sich Populismus auch auf großer Bühne durchsetzen kann. In Europa ist Populismus bisher generell auf kleinere Länder beschränkt geblieben. Aber es gibt in Ländern in ganz Europa bereits Anzeichen für zunehmenden Populismus. Damit müssen die europäischen Politiker künftig wohl zurechtkommen. Auch wenn wir nicht damit rechnen, dass diese populistischen Bewegungen bei den anstehenden Wahlen sogleich an die Macht kommen, deuten die Umfragen nach unserer Einschätzung auf ein Unbehagen unter den Bürgern hin. Daher sollte die sog. politische Elite Europas den Wählern Gehör schenken.
Falls die europäische Politik hierauf nicht mit Änderungen reagiert, dürften in nicht allzu ferner Zukunft populistische Regierungen ans Ruder kommen. Die erste Folge dessen könnte bei dem für den 4. Dezember anberaumte Referendum in Italien zu beobachten sein, bei dem die Machtverteilung innerhalb der Staatsführung reformiert werden soll. Auch wenn das italienische Verfassungsreferendum im Vergleich zur US-Wahl oder dem Brexit-Votum geringfügig erscheint, birgt es das Potenzial für weitere Verunsicherung in einer Europäischen Union (EU), die schon Schwierigkeiten hat, den Sieg Trumps und dessen Folgen zu verdauen.
Es spricht vieles dafür, dass die italienischen Wähler diese Abstimmung nicht als Referendum über eine Verfassungsreform, sondern über Ministerpräsident Matteo Renzi ansehen. Vom Ergebnis hängt vieles ab: Ein „Ja“ dürfte das Mandat Renzis stärken und ihm erlauben, seine Reformen voranzutreiben. Wir rechnen bei diesem Ausgang mit einer positiven Reaktion italienischer Anleihen.
Durch ein „Nein“ könnten die Wähler ihrer Unzufriedenheit mit Renzi und seiner Politik Ausdruck verleihen. Die Auswirkungen eines „Nein“-Votums hängen nach unserer Einschätzung von der Höhe von Renzis Niederlage ab. Einen knappen Ausgang dürfte er überstehen können. Er könnte dann versuchen, bis zum nächsten turnusmäßigen Wahltermin 2018 an der Macht zu bleiben. Bei einem deutlichen Ausgang zu Ungunsten Renzis, der einer Unzufriedenheit der Wähler mit der Reform und letztlich seiner Regierung gleichkäme, rechnen wir mit seinem Rücktritt. In dieser Situation würde sich die Frage stellen, ob eine Regierung aus Technokraten bis 2018 das Ruder übernehmen könnte. Eine Alternative wären vorgezogene Neuwahlen. In diesem Fall könnte die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die größte Oppositionsgruppe des Landes, beträchtliche Zugewinne erzielen. Der Gedanke, dass die Fünf-Sterne-Bewegung genug Stimmen für eine Regierungsbildung erhalten könnte, ist nicht ganz abwegig. Nach unserer Ansicht dürfte das für Anleihen negativ sein.
Der Unterschied zwischen der Situation im Vorfeld dieser Abstimmung und zuvor dem Brexit-Referendum und den US-Wahlen liegt nach unserer Auffassung in der Einpreisung eines möglichen negativen Ausgangs durch die Märkte.
Zwar scheint das „Nein“-Lager derzeit knapp vorne zu liegen, doch die Gruppe der unentschlossenen Wähler ist groß. In Italien ist die Veröffentlichung offizieller Meinungsumfragen in den beiden Wochen vor einer Wahl gesetzlich untersagt, weshalb die Märkte von dieser Seite nur wenig Hinweise erhalten werden.
Es gibt bereits Anzeichen, dass aufgrund dieses Referendums eine Risikoprämie auf italienische Anleihen aufgeschlagen wird. In diesem Jahr gingen die Renditen zwischen italienischen Anleihen und deutschen Bundesanleihen um 0,7% auseinander. Spanien erlebte eine Phase politischer Unsicherheit, aber der Renditeabstand zwischen spanischen Anleihen und deutschen Bundesanleihen erhöhte sich hingegen kaum.
Die Aussicht auf eine starke Zunahme des Populismus in Frankreich aufgrund der Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr hat den Risikoaufschlag für französische Anleihen auf eine Weise erhöht, wie es in dieser Anlageklasse vor dem Brexit-Referendum und der US-Wahl nicht der Fall war.
Die Anleger verwerfen die Möglichkeit eines Sieges von Marine Le Pen, der Chefin des rechtsextremen Front National, bei den Präsidentschaftswahlen nicht mehr. Die meisten Beobachter glauben nicht an ihren Sieg, räumen jedoch zumindest die Möglichkeit eines Sieges ein, und wir beobachten in der Folge eine Underperformance des französischen Anleihenmarktes.
Le Pen erhält durch Trumps Sieg Auftrieb, und eine ihrer politischen Ideen ist ein Referendum über die weitere Mitgliedschaft Frankreichs in der Europäischen Union (EU). Dies könnte problematisch werden. Sollte Frankreich die EU verlassen, dürften viele Beobachter die Lebensfähigkeit des Staatenbundes infrage stellen. Gleich ob Le Pen siegt oder nicht, rechnen wir damit, dass ihre Rhetorik die Märkte länger umtreiben wird, als gemeinhin erwartet.
Die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB)
Inmitten des Abverkaufs bei italienischen und französischen Anleihen darf nicht vergessen werden, dass es in Europa mit der EZB nach wie vor einen Großkäufer von Anleihen gibt. Angesichts der Unterstützung bei europäischen Anleihen und des schwachen Wirtschaftswachstums in der Eurozone dürfte die EZB noch eine Weile an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten.
Die nächste geldpolitische Sitzung der EZB ist für die Zeit unmittelbar nach dem Dezember-Referendum in Italien angesetzt. Wir erwarten, dass EZB-Präsident Mario Draghi eine Verlängerung des Anleihenkaufprogramms (Quantitative Easing) bekanntgibt, durch das der europäische Anleihenmarkt stabilisiert werden soll.
Zwar dürfte zunehmender Populismus mehr Volatilität an den Finanzmärkten auslösen, doch es gibt Meinungen, die diesen Anstieg der Volatilität positiv deuten könnten, denn er ermöglicht den Anlegern, zwischen Vermögenswerten zu differenzieren und Anlageentscheidungen zu treffen. Dies wird nach unserer Ansicht zu mehr länderspezifischen Risiken führen. In dieser Hinsicht könnte der europäische Anleihenmarkt parallel zu einem etwaigen Anstieg der Zinssätze in der Eurozone insbesondere an der sog. Peripherie wieder interessant erscheinen.
Europas Antwort auf Sieg Trumps
Vermutlich wird es einige Zeit dauern, bis mancher Politiker in Europa mit den Folgen von Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen klarkommt.
Trump ist eine unbekannte Größe, und die Politik in Europa musste sich noch nie mit jemandem wie ihm als US-Präsidenten befassen. Die Führungen in Europa kennen nur US-Präsidenten, die für ihre Denkweise mehr Verständnis aufbringen. Die beiden Bereiche Handel und Verteidigung stehen am stärksten im Blickpunkt.
Beim Handel dürfte Trumps Fokus anfangs hauptsächlich auf Nord- und Südamerika liegen, aber letztlich wird er auch einen Blick über den Atlantik werfen. Große Exportländer (z. B. Deutschland) dürften sich sorgen, wie Trumps Handelspolitik sich auf sie auswirken wird.
Im Bereich Verteidigung ist Trumps Haltung zum Nordatlantischen Bündnis (NATO) weiterhin unklar. Im Wahlkampf erschien er kompromisslos und schlug vor, dass die NATO-Partner der USA einen größeren Beitrag leisten sollten. Wir gehen davon aus, dass dies höhere Militärausgaben in Europa bedeuten würde. Aber bei den strengen Anforderungen an die EU-Staaten zur Sanierung ihrer Haushalte stellt sich die Frage, woher diese Extra-Mittel kommen sollen.
Die Folgen des Trump-Sieges für den Brexit
Im Wahlkampf bezeichnete sich Trump selbst als „Mr Brexit”, und die Trump-Administration könnte die Position Großbritanniens bei den Brexit-Verhandlungen etwas stärken.
Die gegenwärtigen Folgen des Brexit dürften für die Volkswirtschaften in Europa nicht so wichtig sein wie die Wahl Trumps. In den Tagen nach der US-Wahl deutete die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Berichten zufolge an, ihre harte Haltung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer bei den Verhandlungen möglicherweise zu lockern. Dies hätten wir vor einem Monat nicht für möglich gehalten.
Überdies verfügt Großbritannien über eine der größten Armeen in Europa. Sollten die Führer der EU davon ausgehen, dass die USA ihr militärisches Engagement zurückfahren, dürften sie achtgeben, nicht noch einen anderen wichtigen Militärpartner zu verprellen. Dieser Aspekt dürfte mit in der Verlosung sein. Auch wenn wir davon ausgehen, dass dies nicht entscheidend ist, dürfte sich Großbritannien nun nach dem Wahlsieg Trumps in einer etwas besseren Verhandlungsposition als zuvor befinden.
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