Beyond Bulls & Bears

Globale Märkte im Fokus Dezember 2016

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Das US-Wahlergebnis bewegt die Märkte und die US-Notenbank (Fed) hebt wie erwartet die Zinsen an

Die Aussicht auf eine Präsidentschaft Trumps löste an den weltweiten Finanzmärkten heftige Bewegungen aus, denn die Spekulationen über möglicherweise umfangreiche fiskalische Anreize führten seitens der Anleger zu einer Neubewertung des Ausblicks für Wachstum, Inflation und Zinssätze in den USA. Die ermutigenden Konjunkturdaten stützten ein positives Umfeld, und das Anlegervertrauen wurde durch die gründliche Herangehensweise der neuen Administration bei der Amtsübergabe gestärkt. Erwartungsgemäß reagierte die Fed auf ihrer Dezember-Sitzung mit einer Anhebung der Zinssätze auf die besseren Daten. Dies war erst die zweite Erhöhung binnen eines Jahrzehnts.
Uns scheint jedoch Vorsicht geboten, und man sollte noch nicht davon ausgehen, dass eine expansivere Fiskalpolitik der neuen Administration sich rasch in einer nachhaltig höheren Wachstumsrate der US-Wirtschaft niederschlagen wird. Zwar könnten US-Unternehmen von künftigen Steuersenkungen profitieren, doch sie könnten auch unter Druck geraten, wenn andere politische Maßnahmen zur Beschränkung von Handel oder Einwanderung umgesetzt werden. Für eine wesentliche Steigerung der Trendwachstumsrate in den USA über ihr Nachkrisenniveau von rund 2% dürften umfangreiche gesetzgeberische Schritte –mit einem besonderen Augenmerk auf der Fortbildung der US-Arbeitnehmer zur Steigerung der geringen Produktivität –erforderlich sein, und der politische Konsens zur Umsetzung dieser Maßnahmen dürfte äußerst schwer zu erreichen sein. Im November gehörte die Aufwärtskorrektur des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,9% auf 3,2% für das dritte Quartal 2016 zu den auffälligsten Meldungen. Hauptverantwortlich hierfür waren die Verbraucherausgaben, deren Anstieg für das Quartal auf 2,8% gegenüber zuvor vorhergesagten 2,1% geschätzt wurde. Da die anfänglichen BIP-Zahlen stark durch vorübergehende Faktoren wie z.B. Sojabohnenexporte und Wiederaufbau der Lagerbestände beeinflusst waren, wurde der höhere Beitrag durch die US-Verbraucher positiv als Verbreiterung der Wachstumsbasis eingestuft.

Auch wenn die Daten zu den Verbraucherausgaben im Oktober unter den Konsenserwartungen lagen, wurden die Konsumimpulse durch die November-Umfrage des Conference Board verdeutlicht, in der das Verbrauchervertrauen auf seinem höchsten Wert seit Juli 2007 lag. Es gab auch frühe Anzeichen dafür, dass der Einzelhandel gut in das Weihnachtsgeschäft gestartet war, wobei einige Umfragen auf eine gestiegene Nachfrage nach Luxusprodukten hindeuteten, da die wohlhabenderen Verbraucher mit Steuersenkungen rechneten. Die 178.000 neu geschaffenen Stellen in der US-Wirtschaft im November entsprachen weitgehend den Konsenserwartungen, andere Aspekte des monatlichen Arbeitsmarktberichts waren jedoch bemerkenswerter. Ein starker Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,3% auf 4,6% stellte den niedrigsten Stand seit August 2007 dar, wurde jedoch weitgehend mit einem weiteren Rückgang der nach wie vor niedrigen Beschäftigungsquote erklärt. Nach den starken Lohnsteigerungen im Oktober konnten die November-Daten die Erwartungen nicht erfüllen: die durchschnittlichen Stundenlöhne gingen gegenüber dem Vormonat um 0,1% zurück und verringerten den Jahreszuwachs von 2,8% auf 2,5%.

Der Trend eines gemäßigten Inflationsdrucks setzte sich in den monatlichen Inflationsdaten fort. Der Kernpreisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE) im Oktober verharrte im Monatsvergleich bei 0,1% und bei 1,7% im Jahresvergleich, obwohl höhere Energiepreise den Gesamt-PCE-Index auf eine Jahresrate von 1,4% und somit ein Zweijahreshoch trieben. Aber im Einklang mit den Entwicklungen an anderen Märkten nach dem US-Wahlergebnis stiegen die Inflationserwartungen stark an und brachten den Marktindikator für die US-Inflation der nächsten 10Jahre auf ein letztmals 2014 erreichtes Niveau.

Die letzten Einkaufsmanagerindizes (PMI) des Institute for Supply Management für Dienstleistungssektor und verarbeitendes Gewerbe lieferten weitere positive Zahlen zur Konjunktur. Der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe legte im November auf 53,2 zu, wobei die Werte für die Produktion besonders robust waren, und spiegelte den stärkeren Trend wider, der in anderen regionalen Umfragen wie z.B. jener der Federal Reserve Bank of Philadelphia zu erkennen war. In demselben Monat lag der PMI für den Dienstleistungssektor mit 57,2 über den Konsensprognosen und auf dem höchsten Stand seit Oktober 2015, während die Indexkomponente zur Wirtschaftsaktivität, die diesen beherrschenden Teil der Wirtschaft abdeckt, auf einen Wert von 61,7 kletterte.

Nach der Analyse der robusten Daten waren sich die Marktteilnehmer bereits einig, dass die Fed so gut wie sicher vor dem Jahresende 2016 die Zinssätze anheben würde, und die Zentralbank gab diesen Schritt auf ihrer Dezember-Sitzung bekannt. Die Geldpolitiker der Fed wiesen auch auf ihre Erwartungen eines weiteren Wachstumsanstiegs hin, indem sie drei mögliche Zinsanhebungen für 2017 andeuteten. Dies läge über dem zuvor erwarteten Tempo. Auch wenn der Anstieg der Staatsanleihenrenditenund des US-Dollar nach der Wahl tatsächlich bereits eine Straffung der geldpolitischen Bedingungen bedeutete, sei es laut eines Fed-Vertreters wichtig, zwischen einer Straffung aufgrund einer Spitze bei der Risikoaversion –wie z.B. Anfang 2016 –und einer Straffung aufgrund einer verbesserten Konjunktur, die völlig normal und zu erwarten ist, zu unterscheiden. Nach unserer Ansicht war die jüngste Korrektur am Markt für US-Staatsanleihen teils eine überfällige Normalisierung, welche die robusten Fundamentaldaten der US-Wirtschaft abbildet. Diese Entwicklung folgt auf eine lange Phase, in der ein schwaches weltweites Umfeld und die damit verbundene geldpolitische Lockerung durch einige Zentralbanken rund um den Globus die Renditen künstlich gedrückt hatten. Die Möglichkeit einer expansiveren Fiskalpolitik dürfte ebenfalls zum Abverkauf bei Staatsanleihen beigetragen haben, aber wir zögern, den Prognosen über ein deutlich anziehendes US-Wachstum allzu viel Bedeutung beizumessen. Da die US-Wirtschaft sich bereits in einer fortgeschrittenen Phase des Zyklus befindet, könnte die Suche nach zusätzlichen Nachfragequellen ein schwieriges Unterfangen sein.

Schwellenländer durch steigende US-Renditen und starken Dollar getroffen

Die Kombination aus höheren US-Staatsanleihenrenditen und stärkerem US-Dollar hat den Druck auf Schwellenländeranlagen erhöht. Die breite Schwäche der Schwellenländerwährungen gegenüber dem anziehenden US-Dollar wurde von vielen Marktteilnehmern mit dem Drosselungskoller“ von Mitte 2013 verglichen, der auf die Fed-Ankündigung der Drosselung ihres geldpolitischen Lockerungsprogramms gefolgt war. Ende November war der chinesische Renminbi auf seinen niedrigsten Stand gegenüber dem US-Dollar in acht Jahren gefallen. Obwohl Schwellenländeranlagen im Nachgang der US-Wahl zu den größten Verlierern zählten, waren einige Entwicklungen nach unserer Einschätzung übertrieben. Die Politik der neuen US-Administration muss im Einzelnen noch festgelegt werden, und der wahllose Abverkauf, der Länder wie Polen traf, wo die Benchmarkrenditen binnen eines Monats um rund 1% anstiegen, scheint uns das robuste Wachstum und die fundamentalen Verschuldungsdaten einiger Länder zu ignorieren. Auch wenn die indische Rupie im Monatsverlauf gegenüber dem US-Dollar auf ein Allzeittief fiel, entwickelten sich indische Staatsanleihen in die entgegengesetzte Richtung, nachdem die Regierung des Landes Anfang November ankündigte, mehr als 85% der in Umlauf befindlichen Geldscheine aus dem Verkehr zu ziehen („Demonetisierung”). Durch diesen Schritt möchten die indischen Behörden gegen die Steuerhinterziehung in einem Land vorgehen, in dem fast alle Zahlungen von Verbrauchern in bar erfolgen. Als die Menschen ihr Bargeld abgaben, reinvestierten die Banken die Erlöse rasch in den Anleihenmarkt. Dies drückte die Benchmarkrenditen für indische Staatsanleihen um mehr als einen halben Punkt auf ihr niedrigstes Niveau seit sieben Jahren. Angesichts der Befürchtungen, niedrigere Zinssätze könnten die Inflation anfachen, gab die indische Zentralbank bekannt, dass die Kreditinstitute jegliches Bargeld, das sie durch die Demonetisierung eingesammelt hatten, bei der Zentralbank hinterlegen müssen.

Die chinesischen Devisenreserven gingen im November den fünften Monat in Folge zurück. Sie betrugen jedoch weiterhin mehr 3 Bio. US-Dollar, da die chinesischen Behörden ein neues Maßnahmenpaket zur Drosselung der Kapitalabflüsse einführten, darunter Beschränkungen von Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen. Die Kapitalabflüsse aus China hatten laut Berechnungen des Institute of International Finance in den ersten 10 Monaten 2016 ein Volumen von insgesamt 530 Mrd. US-Dollar, und seit Anfang 2014 gab es in jedem Monat Nettoabflüsse aus dem Land zu verzeichnen.

Vorläufige Zahlen zeigten für die japanische Wirtschaft im dritten Quartal ein annualisiertes Wachstum von 2,2%. Dies war weit mehr als gemeinhin erwartet, auch wenn der anfängliche Wert für das japanische BIP häufig deutlich korrigiert werden muss. Nahezu das gesamte Wachstum war dem Handel zuzuschreiben. Dies legt nahe, dass die japanischen Exportunternehmen die Stärke des japanischen Yen im Quartalsverlauf gut weggesteckt hatten. Die Beurteilung der Dynamik der japanischen Wirtschaft wurde jedoch durch die folgende Einführung neuer internationaler Rechnungslegungsstandards erschwert. Hierdurch wurde die Zahl für das dritte Quartal auf 1,3% verringert, auch wenn es bei den Daten für die Vorjahre auch zu deutlichen Aufwärtskorrekturen kam.

Die Rally bei den US-Staatsanleihenrenditen erhielt durch Meldungen, dass die Mitglieder der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) sich auf Fördergrenzen geeinigt hatten, die erstmals im September diskutiert wurden, weiteren Auftrieb. Einige andere Erzeuger, die nicht Mitglied der OPEC sind, sagten ebenfalls Fördersenkungen zu. Die Abmachung widerlegte die vorherige Skepsis vieler Marktteilnehmer und trieb die Ölpreise auf ihren höchsten Stand seit Mitte 2015. Auch die meisten anderen Rohstoffpreise zogen an, da die Anleger nach dem US-Wahlergebnis mit einer steigenden Nachfrage nach Rohstoffen rechneten.

Europäische Zentralbank (EZB) verlängert geldpolitische Lockerung nach Abstimmungsergebnis in Italien

Das wichtigste politische Ereignis der vergangenen Wochen in Europa war das Referendum in Italien Anfang Dezember, bei dem über die von der Regierung vorgeschlagenen Verfassungsänderungen abgestimmt wurde. Die Ablehnung der Vorschläge durch die Wähler war eine krachende Niederlage für Ministerpräsident Matteo Renzi, der sein Amt an die Zustimmung zu seinen Plänen geknüpft hatte. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Renzi wurde er rasch durch den italienischen Außenminister Paolo Gentiloni ersetzt. Die meisten anderen Regierungsmitglieder blieben im Amt. Auch wenn die Reaktion auf das Abstimmungsergebnis an den europäischen Märkten verhalten war, hatte die rasche Ernennung eines neuen Regierungschefs teilweise die Verringerung der politischen Instabilität zum Ziel, die die Versuche, eine der größten Banken Italiens zu rekapitalisieren, weiter hätte erschweren und die schwache Verfassung eines Großteils des italienischen Bankensektors hätte verschlechtern können.

Das Ergebnis lenkte für die Zukunft überdies den Blick verstärkt auf mögliche politische Protestwahlen in Europa. Der mögliche Sieg der rechtsnationalen Kandidatin Marine Le Pen bei der französischen Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr sorgte für besonderes Aufsehen, auch wenn ihre fehlende Unterstützung im französischen Parlament die Möglichkeit eines schnellen radikalen Politikwechsels durch eine solche Überraschung begrenzt erscheinen lässt. In einer seltenen Umkehr der populistischen Strömungen in der europäischen Politik unterlag in Österreich der rechtsnationale Kandidat bei der Wiederholung der Präsidentschaftswahl seinem gemäßigten Widersacher.

Die neue spanische Minderheitsregierung kündigte eine straffere Fiskalpolitik an, um das erhebliche Haushaltsdefizit des Landes zu bekämpfen, das über der von der Europäischen Kommission zugelassenen Grenze liegt und die Gefahr finanzieller Sanktionen erhöht hat. Die Regierung plant, zusätzliche Einnahmen durch die Schließung von Steuerschlupflöchern für Unternehmen zu erzielen, und hofft, das Defizit bis 2017, wie mit der Kommission vereinbart, auf 3,1% des BIP zu verringern. Um im Parlament parteiübergreifend die Zustimmung zu dem Fiskalpaket zu erhalten, beschloss die konservative Regierung auch weniger strenge Maßnahmen wie z. B. eine Erhöhung des Mindestlohns. Die Daten für Oktober zeigten für Spanien erstmals seit sechs Jahren einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf unter 20%. Dies verdeutlicht des Ausmaß der wirtschaftlichen Erholung, auch wenn die letzten Prognosen der spanischen Regierung eine Verlangsamung des Wachstums von 3,2% in diesem Jahr auf 2,5% im Jahr 2017 vorhersagen. Tatsächlich hat sich die Beschäftigungslage in den 28 Ländern der Europäischen Union spürbar verbessert, und im Oktober war die Arbeitslosenquote mit 8,3% auf dem niedrigsten Stand seit 2009.

Erwartungsgemäß gab die EZB auf ihrer Dezember-Sitzung die Verlängerung ihres geldpolitischen Lockerungsprogramms bekannt, das ursprünglich im März 2017 auslaufen sollte, und versprach, das Programm mindestens bis Ende 2017 fortzusetzen. Die Zentralbank verringerte zudem den Umfang der monatlichen Käufe von 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. Euro, auch wenn EZB-Vertreter Vermutungen widersprachen, dass dies eine Drosselung des Programms darstelle, und verwiesen darauf, dass die Gesamtzahl der gekauften Anleihen sogar steigen könnte. Überdies veröffentlichte die EZB neue Wachstums-und Inflationsprognosen für die Eurozone und sagte erstmals voraus, dass die Inflation bis mindestens 2019 unter ihrem Zielwert von 2% bleiben wird. Die Inflationserwartungen in der Währungsunion waren vor dem weithin erwarteten Schritt der EZB, ihre geldpolitischen Anreize zu verlängern, gestiegen. Die prognostizierte Rate auf Sicht von fünf Jahren erreichte für 2016 ihren bisherigen Höchststand, auch wenn sie nach wie vor nur bei rund 1,7% lag. Angesichts der Wahlen in vielen der wichtigsten Länder und der wahrscheinlichen Aufnahme von Verhandlungen über den britischen Austritt aus der Europäischen Union scheint das politische Umfeld in Europa fast für das gesamte Jahr 2017 und auch weit darüber hinaus unsicher zu bleiben. Nach dem britischen Referendum im Juni wird das politische Risiko nun von den Marktteilnehmern eingepreist, da weitere Siege aufstrebender populistischer Kandidaten nun wie eine realistische Möglichkeit erscheinen, und es war beachtlich, dass die durch die Abstimmung in Italien ausgelöste Marktvolatilität relativ gering war. Vor diesem Hintergrund halten wir es seitens der EZB für vernünftig, dass sie sich, wenngleich in reduziertem Umfang, für die Verlängerung ihres Anleihenkaufprogramms entschieden hat, anstatt einen Zeitplan für das Auslaufen des Programms bekanntzugeben. Dieser Schritt dürfte nach unserer Einschätzung helfen, das Risiko einer stark steigenden Marktvolatilität einzudämmen, nicht zuletzt mit Blick auf die Erhaltung stabiler Bedingungen, die für die Wiederherstellung des Vertrauens in den italienischen Bankensektor erforderlich sind.