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In der aktuellen Ausgabe „Global Macro Shifts“ untersucht das Templeton Global Macro Team die Pläne der US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) für den Einstieg in die Kürzung ihrer Bilanz sowie die möglichen Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Das Team beschreibt kurz das weltweite wirtschaftliche Umfeld und fasst dann die Herausforderungen bei der Normalisierung der Geldpolitik zusammen. Dabei stellt es die Erwartungen des Marktes den drei Faktoren gegenüber, um deren Einfluss es geht.
Für nähere Einzelheiten hierzu können Sie die vollständige Studie zu diesem Thema herunterladen.
Die Fed hat Pläne zur allmählichen Kürzung ihrer Bilanz bekanntgegeben, die mehr als vier Mal so groß ist wie vor der weltweiten Finanzkrise. Die mehrjährige, massive Verlängerung der Fed-Bilanz hat sich bekanntermaßen stark auf die Anlagemärkte ausgewirkt und für sinkende Renditen und eine Abflachung der Renditekurve gesorgt. Doch die Anleger erwarten nun scheinbar, dass der Umkehrprozess wenn überhaupt nur geringe Auswirkungen haben wird.
Wir teilen diese Meinung nicht. Nach unserer Einschätzung haben drei Faktoren das Potenzial, die Anleiherenditen nach oben zu treiben; jeder davon könnte an sich ausreichen, die Renditen deutlich über die aktuellen Markterwartungen hinaus zu steigern, und wenigstens einer dieser Faktoren dürfte zum Tragen kommen.
Da erstens die Fed ihre Käufe reduziert und das US-Finanzministerium das Angebot zur Finanzierung des anhaltenden Haushaltsdefizits vergrößert, müssen neue Käufer einspringen, um den Markt für US-Schatzanleihen im Gleichgewicht zu halten. Unserer Analyse zufolge werden diese Last in unverhältnismäßiger Weise inländische, preisempfindliche Käufer wie Banken, Investmentfonds, Pensionsfonds und Unternehmen schultern. Für die Steigerung der Nachfrage dieser Käufer müssen die Preise für US-Schatzanleihen fallen und die Renditen steigen.
Da zweitens die Fed ihre Bilanz allmählich abbaut, werden die Überschussreserven der Banken in den kommenden Jahren äußerst hoch bleiben. Eine gefestigte und anziehende Konjunkturerholung wird den Banken vermehrt Anreize für eine Erhöhung der Kreditversorgung geben, und dies umso mehr, als die Finanzregulierung im kommenden Jahr gelockert werden dürfte. Bei dem stärkeren weltweiten Wachstum und der größeren Zuversicht dürfte die Kreditnachfrage ebenfalls zulegen. Dies unterstreicht das Risiko einer unerwartet hohen Beschleunigung der Kreditvergabe, die das Wachstum weiter anfachen und die Inflation steigern könnte.
Drittens dürften Lohn- und Preisdruck nicht noch länger gedämpft bleiben, da die US-Wirtschaft, die jeglichen Überhang in der Wirtschaft wieder absorbiert hat, weiterhin über ihrem Potenzial wächst und die Weltwirtschaft mitzieht. Wir sind von den Argumenten, die Phillips-Kurven[1] für Löhne und Preise hätten sich dauerhaft abgeflacht, nicht überzeugt. Zudem haben sowohl der Lohn- als auch der Preistrend eine starke globale Komponente, und die Inflationstrends in der Weltwirtschaft dürften nun stärker werden.
Anzunehmen, dass keiner dieser drei Faktoren zum Tragen käme, hielten wir für töricht. Da die Fed ihre Bilanz abbaut, sollten wir uns nicht fragen, ob die Renditen steigen werden, sondern um wie viel schneller und höher, als der Markt es erwartet.
Gesamtwirtschaftlicher Hintergrund: Die Verfassung der Weltwirtschaft
Die Weltwirtschaft weist in diesem Jahr ein stärkeres Momentum auf, wobei das Wachstum des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) laut Prognosen auf 3,6 % gegenüber 3,2 % im Jahr 2016 steigen und sich in den kommenden Jahren leicht beschleunigen dürfte.[2] Die rohstofffördernden Länder profitieren von einer Stabilisierung der Rohstoffpreise, die Brasilien und Russland aus der Rezession verhalf, die Eurozone durchläuft einen robusten zyklischen Aufschwung, Indien behält sein robustes Tempo bei, China dürfte seinen Zielwert von 6,5 % bis 7 % erreichen und die Erholung in den USA erweist sich als kräftig.
Der Welthandel hat gegenüber gerade einmal 1 % im zweiten Halbjahr 2016 auf eine annualisierte Wachstumsrate von 4 % bis 5 % zugelegt, und die Unternehmensgewinne sind weltweit gestiegen und haben für eine Erholung der Investitionsausgaben gesorgt. Die Deflationsängste wurden zerstreut. Nach einer mauen, aber nachhaltigen achtjährigen Erholung hat die Weltwirtschaft die Schäden der weltweiten Finanzkrise und der anschließenden Großen Rezession weitgehend behoben.
Unser Basisausblick prognostiziert daher für die kommenden Jahre ein weltweites Wachstum mit dem aktuellen Tempo, das den verbleibenden Überhang weiter abträgt.
Normalisierung der Geldpolitik: Herausforderungen und Risiken
Die weltweite Erholung wurde durch massive und nachhaltige geldpolitische Unterstützung in den wichtigsten Industrieländern ermöglicht. In den letzten acht Jahren hat die Fed ein beispielloses Experiment in geldpolitischer Lockerung durchgeführt und eine Nullzinspolitik mit mehreren Runden quantitativer Lockerung (QE) kombiniert, die für eine massive Verlängerung ihrer Bilanz sorgte, so dass sie sich zwischen 2008 und 2014 mehr als vervierfachte.
Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass die Fed daher in der Lage sein wird, die Geldpolitik schrittweise und kontrolliert zu normalisieren: insbesondere scheinen sie anzunehmen, dass sich Lohnwachstum und Inflation auf einem dauerhaft niedrigeren Niveau eingependelt haben, dass Geldmengenmultiplikatoren und das Kreditwachstum nicht anziehen werden, dass lediglich einige wenige weitere Zinsanhebungen erforderlich sein werden und dass eine langsame quantitative Straffung (QT) nur begrenzte Auswirkungen auf die Asset-Preise haben wird.
Wir halten es für sehr unwahrscheinlich, dass sich alle diese Annahmen bewahrheiten. Nach unserer Einschätzung haben drei Faktoren das Potenzial, die Anleihenrenditen nach oben zu treiben – und jeder davon könnte an sich ausreichen, die Renditen deutlich über die aktuellen Markterwartungen hinaus zu steigern:
- Die Kürzung der Aktivseite der Fed-Bilanz: Da die Fed ihre Bilanz kürzt, wird sie ihre Nachfrage nach US-Schatzanleihen deutlich verringern. Da der Markt für US-Schatzanleihen gegenwärtig im Gleichgewicht sein muss, dürfte dies die Renditen unserer Einschätzung nach steigern (die Alternative wäre eine aufgestaute Nachfrage, die einspringen könnte, aber in diesem Fall dürfte es Abwärtsdruck auf die Renditen geben).
- Eine Beschleunigung des Kreditwachstums basierend auf der Passivseite der Fed-Bilanz: Angesichts eines stärkeren Wachstums und einer vermutlichen Lockerung der Finanzmarktregulierung sehen wir eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Banken mit der Verleihung ihrer erheblichen Überschussreserven beginnen und so den gesamtwirtschaftlichen Druck auf die Inflation anfachen könnten.
- Ein stärkerer Lohn- und Preisdruck, der durch eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung angefacht wird: Das immer weiter zulegende US- und weltweite Wachstum dürfte für stärkeres Lohnwachstum sorgen und die Verbraucherpreisinflation anfachen. Dies würde entweder die Fed dazu bringen, das Tempo der Zinsanhebungen zu beschleunigen, oder zu einem steigenden Laufzeitaufschlag führen, da die Märkte die Inflation vor den Schritten der Fed vorwegnehmen.
Der große Abbau: die Kürzung der Fed-Bilanz
Die Umkehr des QE markiert ein wichtiges wirtschaftspolitisches Kapitel der Zeit nach der Finanzkrise. Seit 2008 ist die Verlängerung der Fed-Bilanz – deren Spiegelbild das QE in der Eurozone, in Japan und in Großbritannien ist – wohl die dominierende Gestaltungskraft der Weltwirtschaft.
Die Fed-Politik wirkte auf die Realwirtschaft vor allem durch die Herbeiführung eines starken Anstiegs der Asset-Preise und die Abstützung der hohen Haushaltsdefizite in einer Zeit mit schwacher privater Nachfrage im Inland. Gleichzeitig führte die massive Intervention der Fed an den Finanzmärkten jedoch zu erheblichen Verzerrungen.
Das Deinvestitionsprogramm der Fed führt Obergrenzen für fällig werdende US-Schatzanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) ein, um das Volumen der Rückzahlungen pro Monat zu begrenzen (der Betrag oberhalb dieser Grenze wird wiederangelegt). Laut Deinvestitionsplan liegen die Obergrenzen anfangs bei 6 Mrd. US-Dollar für US-Schatzanleihen und 4 Mrd. US-Dollar für MBS und steigen dann gleichmäßig alle drei Monate, bis sie 30 Mrd. US-Dollar für US-Schatzanleihen und 20 Mrd. US-Dollar für MBS erreichen (bis Oktober 2018).
Die Abbildungen 1 und 2 zeigen ein statisches Profil für US-Schatzanleihen und MBS ohne Berücksichtigung von Wiederanlagen. Um „Auslauf“-Prognosen zu erstellen, müssen wir zusätzliche Annahmen dazu treffen, wie die Fed fällig werdende US-Schatzanleihen und MBS wiederanlegt und wie sonstige Komponenten der Passivseite der Bilanz sich entwickeln.[3]
Sofern alles nach Plan verläuft, wird die Straffung bis 2020 zum Großteil erfolgt sein. Auch wenn der tatsächliche Kurs ungewiss bleibt, würde die Bilanz der Fed in den nächsten drei Jahren um 1,3 Billionen US-Dollar schrumpfen, wobei sich die Rückzahlungen von Schatzanleihen und MBS von 2018 bis 2020 auf 700 Milliarden US-Dollar bzw. 630 Milliarden US-Dollar beliefen.
Ungeachtet des Endpunktes hofft die Fed, dass dieser Bilanzabbau sich, wenn überhaupt, dann nur wenig auf den Markt auswirkt.[4] Die meisten Analysten der Investmentbanken sind auch dieser Ansicht und sagen lediglich einen moderaten Anstieg der Renditen voraus, d. h. um rund 50 Basispunkte bei 10-jährigen US-Schatzanleihen.
Quantitative Straffung II: Wer kauft, was die Fed nicht kauft?
Das einfachste (und sicherste) Szenario für das Finanzministerium wäre es, das ausstehende Volumen öffentlicher Schulden entsprechend zu verringern: Das Finanzministerium würde Geld von seinem Barmittel-Konto an die Fed überweisen, um die fällig werdenden Schuldtitel abzudecken. Der gleiche Betrag würde auf beiden Seiten der Fed-Bilanz entfernt, was den Betrag der fällig werdenden Schulden verringern würde. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn der Kurs der Fiskalpolitik in einem Haushaltsplus resultiert, das eine Reduzierung des Schuldenniveaus erlaubt. In der Praxis dürften die Emissionen durch das Finanzministerium in den nächsten Jahren erheblich steigen.
Das Finanzministerium wird neue Wertpapiere begeben müssen, um die fällig werdenden zu decken (und weitere zur Defizitfinanzierung). Die neuen Wertpapiere könnten vom inländischen Publikum oder inländischen Finanzinstituten oder ausländischen Käufern gekauft werden.
Betrachten wir zuerst die inländischen Käufer: Zur Steigerung ihrer Nachfrage nach US-Schatzanleihen müssen sowohl Finanzinstitute als auch Einzelpersonen durch einen niedrigeren Preis, d. h. eine höhere Rendite, angelockt werden. Aus Sicht einer Bank sind US-Schatzanleihen nicht das Gleiche wie Barreserven. US-Schatzanleihen weisen ein viel höheres Durationsrisiko auf, das eine Bank besonders bei geldpolitischer Straffung kaum ignorieren kann.
Die Verfechter der Sparwut-Theorie glauben, dass weniger preisempfindliche ausländische Anleger einspringen werden. Doch die Daten zeigen das Gegenteil: Die Nachfrage nach als sicher geltenden Wertpapieren ist abgeflaut, auch wenn dies durch die Effekte des QE in den wichtigsten Industrieländern kaschiert wird.
Unser Modell zeigt daher, dass, selbst wenn sich die Nachfrage von offiziellen ausländischen Käufern nach ihrem Fehlen in den letzten vier Jahren etwas erholt, ein viel größerer Anteil des Angebots an US-Schatzanleihen durch preisempfindliche Anleger absorbiert werden müsste, darunter private ausländische Käufer, jedoch besonders inländische Anleger wie Banken, Investmentfonds und Pensionsfonds. Dies würde die Wahrscheinlichkeit eines starken Anstiegs der Renditen deutlich erhöhen. Diese Umstellung könnte durch negative Rückkopplungsschleifen verschärft werden, wenn die Akteure ihre Zinsprognosen überdenken.[5] Diese Analyse impliziert, dass die Kürzung der Fed-Bilanz, selbst wenn die US-Wirtschaftsaktivität sich auf dem aktuellen schleppenden Niveau weiterbewegt und der Inflationsdruck gedämpft bleibt, einen deutlichen Anstieg der Anleihenrenditen auslösen dürfte.
Die Passivseite: Rückkehr des Geldmengenmultiplikators
Die Diskussionen über die quantitative Straffung konzentrieren sich in der Regel auf die Aktivseite der Fed-Bilanz. Die Passivseite der Fed-Bilanz erfährt viel weniger Beachtung und birgt doch das potenzielle Risiko eines plötzlichen Kreditbooms und einer schnelleren Inflation.
Die Fed deutete an, einen sanften und schrittweisen Bilanzabbau zu wünschen. Da nur rund 40 % der Fed-Aktiva in den nächsten fünf Jahren fällig werden und die Zentralbank direkte Verkäufe von Aktiva vermeiden möchte, hat das Tempo ihrer Bilanzkürzung eine natürliche Grenze. Die Überschussreserven werden daher in den kommenden Jahren äußerst hoch bleiben.
Eine gefestigte Konjunkturerholung könnte dem Geldmengenmultiplikator und der Geldumlaufgeschwindigkeit zurück auf ihr Vorkrisen-Niveau verhelfen. Die Fed und die meisten Analysten erwarten daher, dass die Geldumlaufgeschwindigkeit und der Geldmengenmultiplikator mit der Normalisierung der Geldpolitik steigen werden. Aber wir sehen keine Garantie, dass sie genau in dem Tempo steigen werden, welches das QT mit einer stabilen oder moderat höheren Inflation in Einklang bringen würde. So wie der Rückgang von Geldumlaufgeschwindigkeit und Geldmengenmultiplikator in der globalen Finanzkrise schneller als erwartet war, könnte ihr Anstieg in der Erholungsphase ebenfalls unerwartet schnell sein.
Deregulierung
Das US-Finanzministerium schlug jüngst einige von Änderungen am regulatorischen Rahmen für den Finanzsektor vor, u. a. an den Kapitalanforderungen, den Liquiditätsvorschriften und den Stresstests für Banken. Die vorgeschlagenen Änderungen bringen die Sorge zum Ausdruck, dass die Straffung der Vorschriften nach der Krise übertrieben war und einen nachteiligen Effekt auf das Kreditwachstum hat, der vor allem kleine und mittlere Unternehmen traf und das Wirtschaftswachstum verringerte.
Die vorgeschlagene Finanzderegulierung soll für schnelleres Kreditwachstum und stärkere Wirtschaftsdynamik sorgen. Die meisten der vorgeschlagenen Änderungen könnten direkt von den zuständigen Aufsichtsbehörden ohne Beteiligung des Kongresses erlassen werden. Dies bedeutet eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzderegulierung tatsächlich kommt, auch wenn die Umsetzung Zeit braucht und sich bis 2018 hinziehen wird.
Makroökonomische Faktoren: das Puzzle aus Lohnwachstum und Inflation
Die Inflation liegt sowohl in den USA als auch in der Eurozone weiterhin deutlich unter den Zielwerten der Zentralbanken und ist auch in den meisten anderen Industrieländern nach wie vor gedämpft, obwohl die Wirtschaftsaktivität an Momentum gewonnen hat. Die niedrige Inflation ist teilweise Ausdruck des mauen Lohnwachstums: Obwohl der Arbeitsmarkt in den USA zur Vollbeschäftigung zurückgekehrt ist, stieg der durchschnittliche Stundenlohn zum 30. September im Jahresvergleich lediglich um 2,9 %.
Das Lohnwachstum hat kaum auf die Änderungen der Arbeitslosenquote reagiert, was eine Abflachung der Lohn-Phillips-Kurve zur Folge gehabt hat. Viele Ökonomen schreiben diesen Effekt zwei strukturellen Faktoren zu:
- Globalisierung: Die allmähliche Integration der asiatischen Schwellenländer und der ehemaligen Sowjetunion in die Weltwirtschaft hat den verfügbaren Arbeitskräfte-Pool enorm vergrößert, so dass die Gefahr der Auslagerung die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer in den Industrieländern begrenzt.
- Technologie: Die Fortschritte in Robotik und künstlicher Intelligenz haben das Spektrum der Aufgaben, die automatisiert werden können, ausgeweitet und die Löhne für Arbeitnehmer mit geringer und mittlerer Qualifikation gedrückt.
Wir halten diese Interpretation jedoch für wenig überzeugend:
- Erstens würden wir für den Fall, dass die Automation eine derart große Rolle spielte, ein schnelleres Produktivitätswachstum und moderate Beschäftigungszuwächse erwarten. Bisher ist genau das Gegenteil zu beobachten.
- Auch wenn zweitens wissenschaftliche Studien nahelegen, dass der globale Wettbewerb (insbesondere durch China) bedeutende Verluste im verarbeitenden Gewerbe verursachte, arbeitet der Großteil der US-Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor, und die Mehrheit der Stellen in diesem Bereich dürfte dem globalen Wettbewerb nach wie vor weniger ausgesetzt sein.
Eine ähnliche Debatte gibt es über den Zusammenhang zwischen Preisen und Konjunkturschwäche: die Preis-Phillips-Kurve. Auch hier herrscht die einhellige Meinung, dass die Preis-Phillips-Kurve sich aufgrund einer Kombination aus technologischem Fortschritt und intensiverem globalen Wettbewerb abgeflacht hat. Und auch hier sind wir der Ansicht, dass die beiden Säulen der Konsensmeinung mit Vorsicht zu genießen sind.
- Neue Technologien haben scheinbar zur Verringerung des Preisdrucks beigetragen, in einigen Fällen durch die Reduzierung der Produktionskosten, jedoch vor allem durch die Erhöhung von Preistransparenz und Wettbewerb. Man denke bspw. an die Möglichkeiten der Verbraucher, im Internet Preise zu vergleichen. Gleichzeitig haben diese Technologien jedoch auf mehreren Märkten eine Alles-oder-Nichts-Dynamik erzeugt, bei der eine erfolgreiche Plattform eine monopolartige Macht erlangen kann.
- Der globale Wettbewerb scheint ebenfalls zur Verringerung des Preisdrucks in den Industrieländern beigetragen zu haben. Doch da die Schwellenländer den Industrieländern näherkommen, wird sich dieser Effekt abschwächen: Das Lohnniveau in den großen Schwellenländern ist bereits gestiegen, was ihre Produktionskosten steigert. Und da die Inflationstrends eine bedeutende globale Komponente haben, dürfte die Zunahme des weltweiten Wachstums und der weltweiten Kapazitätsauslastung den weltweiten Preisdruck erhöhen. Dies wiederum dürfte die Inflationstrends in den USA und anderen wichtigen Industrieländern beeinflussen.
Der Umstand, dass Löhne und Inflation in den vergangenen Jahren unerwartet gedämpft waren, sollte uns nicht zu der Annahme verleiten, dass die Inflation niemals zurückkehrt. Wenn wir die Gründe für die Abflachung der Phillips-Kurve nicht vollständig verstehen, müssen wir das Risiko anerkennen, dass sie wieder steiler werden könnte.
Fazit
Sowohl Fed als auch Finanzmärkte erwarten scheinbar, dass der Bilanzabbau der Zentralbank ereignislos, sanft und ohne große Folgen für den Markt verlaufen wird. In diesem Artikel haben wir dargelegt, dass dem vermutlich nicht so sein wird. In der Tat könnte nur eine äußerst unwahrscheinliche Kombination von Ereignissen für einen sanften und schmerzfreien Übergang sorgen. Nach unserer Auffassung unterschätzen die Märkte insbesondere die Folgen für die Renditen auf US-Schatzanleihen.
Da die Fed ihre Nachfrage nach US-Schatzanleihen reduziert und das Finanzministerium das Angebot zur Deckung des Haushaltsdefizits vergrößert, müssen die Anleihepreise fallen und die Renditen steigen, um neue Käufer anzulocken. Das QE verringerte die Renditen; seine Umkehr wird sie steigern. Unsere Feststellung, dass inländische preisempfindliche Käufer einen unverhältnismäßigen Anteil der Nachfrage werden abdecken müssen, stützt diesen grundlegenden Punkt.
Um das Risiko von Belastungen für die Anlagemärkte zu verringern, plant die Fed die langsame und allmähliche Kürzung ihrer Bilanz. Dementsprechend werden die Überschussreserven der Banken in den kommenden Jahren jedoch äußerst hoch bleiben. Dies könnte eine plötzliche Beschleunigung der Kreditvergabe auslösen, da sowohl Kreditnachfrage als auch Kreditversorgung auf die bessere Wirtschaftslage und die Lockerung der Finanzregulierung reagieren.
Der Preisdruck ist nach wie vor gedämpft. Dies dürfte nicht ewig so bleiben. Die Löhne für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer steigen mit robustem Tempo. Die Lohn- und die Preis-Phillips-Kurve haben sich abgeflacht, doch die Argumente, dass sie dauerhaft flach bleiben, können uns nicht überzeugen.
Überdies haben die Lohn- und Preistrends eine starke globale Komponente, und der weltweite Ausblick deutet auf einen größeren Druck bei der Ressourcenauslastung und auf ein schnelleres Lohn- und Preiswachstum hin.
Diese drei Kräfte müssen nicht alle zum Tragen kommen, aber sie müssen alle widerlegt werden, damit die Markterwartungen sich bestätigen. Wir halten dies für äußerst unwahrscheinlich und keinesfalls für ein Szenario, in dem investiert werden sollte. Wir erwarten, dass der Bilanzabbau der Fed eine lange Wegstrecke vor sich hat und die Märkte möglicherweise belasten wird.
Nähere Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie in der vollständigen Ausgabe der Global Macro Shifts, einer researchbasierten Veröffentlichung über die globalen Volkswirtschaften mit Analysen und Einschätzungen von Dr. Michael Hasenstab und leitenden Mitgliedern von Templeton Global Macro. Dr. Hasenstab verwaltet mit seinem Team die globalen Anleihestrategien von Templeton (z. B. „unconstrained“ festverzinsliche Anlagen, Währungen und Global Macro). Das an führenden Universitäten weltweit ausgebildete Team von Wirtschaftsexperten integriert globale makroökonomische Analysen in eingehendes landesspezifische Forschung, um langfristige Ungleichgewichte zu identifizieren, die Anlagechancen eröffnen.
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Dieses Dokument beruht auf den Analysen und Einschätzungen der Autoren zum 20. Oktober 2017 und weicht möglicherweise von den Einschätzungen anderer Portfoliomanager, Investmentteams oder Anlageplattformen bei Franklin Templeton Investments ab. Es wurde zur allgemeinen Information erstellt und ist nicht als Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung bzw. -empfehlung anzusehen; es handelt sich hierbei auch um kein Angebot von Anteilen, keine Aufforderung zur Zeichnung von Anteilen oder zur Anwendung einer Anlagestrategie. Sie stellen auch keine Rechts- oder Steuerberatung dar.
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[1] Die Lohn-Phillips-Kurve misst den Zusammenhang zwischen Lohnwachstum und Überhang am Arbeitsmarkt, und die Preis-Phillips-Kurve misst den Zusammenhang zwischen Preisen und Konjunkturschwäche.
[2] Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook, Oktober 2017.
[3] Wir gehen davon aus, dass die Fed-Bestände an US-Schatzanleihen und MBS proportional in Schatzanweisungen wiederangelegt werden. Für US-Schatzanleihen verwendeten wir angesichts des unterschiedlichen Emissionsplans bei diesen Auktionen disaggregierte Daten, um die Fälligkeiten zur Mitte und zum Ende des Monats zu trennen. Bei den Auktionen zur Monatsmitte wurden 38,6 % der wiederangelegten US-Schatzanleihen in dreijährige Wertpapiere und bei den Auktionen zum Monatsende 29,5 % in zweijährige Wertpapiere gelenkt (gemäß dem Plan für Schatzanleihen-Auktionen im vergangenen Jahr). Da die übrigen bei den Auktionen zur Monatsmitte und zum Monatsende ausgegebenen Wertpapiere Laufzeiten von mehr als drei Jahren haben, beeinflussen sie die Analyse (im relevanten Zeitraum) nicht. Auf der Passivseite der Bilanz wurden weitere Annahmen hinsichtlich des Währungswachstums, der vorgeschriebenen Reserven und der Kategorie „Kapital/sonstige Verbindlichkeiten“ getroffen, um die Überschussreserven herauszubringen.
[4] Aus Janet Yellens Pressekonferenz im Juni: „Ich hoffe und erwarte, dass … dies etwas ist, das ruhig über mehrere Jahre im Hintergrund ablaufen wird … so spannend, wie Farbe beim Trocknen zuzusehen.“
[5] Die BIZ hat auf Verstärkungsmechanismen an den Finanzmärkten hingewiesen, die die Renditen in der QE-Phase nach unten drückten. Diese Dynamiken könnten sich möglicherweise ohne Weiteres umkehren. Für ein Beispiel für einen solchen Mechanismus siehe bitte eine Fallstudie zum Risikomanagement in deutschen Versicherungsgesellschaften, die im BIZ-Artikel „How Much Should We Read into Shifts in Long-Dated Yields”, von Hyun Song Shin (3.3.17) beschrieben ist.