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Jahrzehntelang setzte die Finanzwelt ihr Vertrauen in die London Interbank Offered Rate (LIBOR) als Referenzzinssatz für ein breites Spektrum von Finanzinstrumenten rund um den Globus. Es herrschte die verbreitete Ansicht, dass der LIBOR den durchschnittlichen Zinssatz abbilden würde, den ein Panel führender Londoner Banken sich gegenseitig für einen Kredit berechnen würde. Ändert sich der LIBOR, tun dies auch die Zinszahlungen für rund 350 Billionen US-Dollar in Finanzsicherheiten.
Skandale haben das Vertrauen in den LIBOR in den vergangenen fünf Jahren jedoch untergraben. 2012 deckten die Aufsichtsbehörden in den USA und Europa eine betrügerische Absprache zwischen einigen Banken zur Manipulation des LIBOR auf. Bis Ende 2016 hatten zwölf Banken Strafen in Höhe von rund 10 Milliarden US-Dollar gezahlt.
Nun fordert die britische Finanzaufsicht „Financial Conduct Authority“ (FCA) das Aus für den LIBOR als Referenzsatz bis Ende 2021. Im Juli zeigte sich der LIBOR-Regulierer besorgt über die fehlende Liquidität im zugrunde liegenden Markt. Überdies brachte die FCA ihre Bedenken über die erhebliche Fluktuation bei den Panel-Mitgliedern zum Ausdruck.
Die FCA rechnet daher damit, dass der Markt in den nächsten vier Jahren zu einer alternativen Benchmark übergeht. Die Banken stimmten zu, die Zinssätze mitzuteilen, um den LIBOR auf freiwilliger – und nicht verpflichtender – Basis bis Ende 2021 aufrechtzuerhalten und so den Übergang zu einer neuen Benchmark zu erleichtern.
Ungewisse Zukunft des LIBOR
Es ist noch nicht absehbar, ob der Termin der FCA im Jahr 2021 in Stein gemeißelt ist, aber wir halten den Wegfall des LIBOR für sehr wahrscheinlich. Die Skandale der Vergangenheit und der Mangel an derzeitiger unbesicherter Kreditvergabe zwischen den Banken haben die Glaubwürdigkeit des LIBOR-Satzes verringert. Der Kern des Problems besteht aus unserer Sicht darin, dass der LIBOR abhängig ist von den Einschätzungen von Branchen-Insidern darüber, wie hoch die Sätze für Interbankenkredite sein sollten, und nicht von den tatsächlichen Handelsniveaus.
Wir halten einen etwaigen Wechsel vom LIBOR zu einem alternativen Referenzzinssatz für bedeutsam. Kreditinstitute weltweit nutzen den LIBOR, um die Zinssätze für eine Vielzahl von Finanzprodukten festzusetzen, darunter Zinsswaps, Kredite für Studenten, Hypotheken, Collateralized Loan Obligations (CLOs) und variabelverzinsliche Kredite. Eine Ablösung würde bei Kontrakten und Kreditverträgen, bei denen es weltweit um Billionen von Dollar geht, Änderungen erfordern.
Die Zinssätze vieler dieser Kontrakte und Verträge werden auf Basis des LIBOR zuzüglich eines Aufschlags festgesetzt. Falls der alternative Referenzzinssatz die Vergütung, die der LIBOR bietet, nicht abbildet, dürfte dies zu einer Neufestsetzung der Aufschläge, die Kreditgeber berechnen und Kreditnehmer zu zahlen bereit sind, führen.
Eine US-Alternative zum LIBOR?
In Im Juni dieses Jahres schlug das Alternative Reference Rates Committee (ARRC) der Federal Reserve Bank of New York eine Alternative zum LIBOR vor: den Repo-Finanzierungssatz „Broad Treasury Repo Financing Rate“ (BTFR). Dieser Satz wird ab dem ersten Halbjahr 2018 täglich veröffentlicht werden.
Der BTFR unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom LIBOR. Er ist ein besicherter Zinssatz. Dies bedeutet für einen Anleger ein niedrigeres Risiko, und er ist daher in der Regel niedriger als der unbesicherte LIBOR-Satz. Der BTFR ist ein Tagesgeldsatz. Der LIBOR dagegen wird für fünf Währungen vorgelegt und hat sieben verschiedene Laufzeiten: Tagesgeld, eine Woche und ein, zwei, drei, sechs und zwölf Monate. Für die einzelnen Laufzeiten müsste eine Anpassung dieser Sätze erfolgen.
Am institutionellen Kreditmarkt gibt es Bedenken, dass CLOs und variabelverzinsliche Kredite angesichts der Unsicherheit um die Ablösung des LIBOR weniger attraktiv sein werden. Diese Vermögenswerte bieten den Anlegern in einem Umfeld mit steigenden Zinsen unter Umständen nicht mehr den gewünschten oder erwarteten Zinsschutz. Dies ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Anlageklasse zu festverzinslichen Anleihen und insbesondere Hochzinsanleihen.
Es ist allerdings nicht klar, welcher Referenzsatz den LIBOR ablösen könnte. Der Prozess steckt noch in den Kinderschuhen, und das Ergebnis ist äußerst ungewiss. Wir halten es noch für verfrüht, um konkrete Theorien aufzustellen, welcher Satz oder welche Methode den LIBOR ablösen wird, wie sanft ein solcher Übergang verlaufen und wie er sich auf die Märkte, die von diesem Referenzzinssatz abhängig sind, auswirken wird.
Was geschieht nun?
Bis zum Termin der FCA liegen noch ganze vier Jahr vor uns. Angesichts der ständigen Kündbarkeit von Krediten dürften die meisten Emittenten die Änderungen beim LIBOR wie einen Teil des Refinanzierungsprozesses behandeln und ihre Kreditverträge deutlich vor dem Termin anpassen. Und sie werden in der Lage sein, die sich abzeichnenden Ersatzlösungen zu berücksichtigen.
Unsere Bedenken sind jedoch unmittelbarer. Es gibt Versuche, die Anlegerrechte in Bezug auf den Referenzzinssatz (LIBOR) aufgrund der Unklarheit über die Zukunft des LIBOR-Satzes zu verwässern.
So haben einige Unternehmen ihren Kreditverträgen für Neuemissionen Passagen hinzugefügt, die es ihnen erlauben, ohne die Zustimmung aller Kreditgeber einen Ersatzzinssatz für den LIBOR zu wählen. Aus unserer Sicht ist es eine Grundregel des Kreditgeschäfts, dass jeder betroffene Kreditgeber einer vorgeschlagenen Verringerung des Zinssatzes für einen Kredit zustimmen sollte.
Wir halten dies für einen alarmierenden Trend. Zustimmende Kreditgeber könnten auf Basis anderer Erwägungen Maßnahmen ergreifen, die nicht im Interesse der nicht zustimmenden Kreditgeber liegen. Diese Erwägungen könnten das sonstige Geschäft des Emittenten, künftige Geschäftsmöglichkeiten oder Beteiligungen an anderen Teilen der Kapitalstruktur betreffen, die ihnen einen Anreiz geben, die Vergütung für vorrangig besicherte Kredite zu verringern.
Unerhörterweise sind in Kreditverträgen für Neuemissionen auch Klauseln zu lesen, die dem Emittenten erlauben, den Referenzsatz LIBOR ohne die Zustimmung anderer Kreditgeber zu ändern. Überdies standen diese Passagen nicht in den Vertragsentwürfen, die den Anlegern übermittelt wurden. Sie wurden erst den Schlussfassungen der Kreditverträge hinzugefügt.
Die Rechtmäßigkeit und die Redlichkeit eines solchen Vorgehens sind fragwürdig, doch wir verfolgen gegenüber dieser Entwicklung einen proaktiven Ansatz. Wir suchen in den Entwürfen von Kreditverträgen jeglicher Neuemissionen, in denen wir eine Anlage erwägen, nach diesen Passagen. Als Bedingung für eine Anlage fordern wir die Zustimmung zu jeglichen Änderungen am LIBOR oder dem Referenzzinssatz.
In diesem Umfeld geben wir nach wie vor Anlagen am Sekundärmarkt gegenüber Neuemissionen den Vorzug. In der Vergangenheit bot uns der Sekundärmarkt beste Gelegenheiten. Nun scheint er auch für die Unsicherheit in Bezug auf Vertragspassagen Abhilfe zu schaffen.
Es ist gut möglich, dass wir aufgrund dieser unerhörten Klauseln von Investments in ansonsten attraktiven Neuemissionen Abstand nehmen. Wir gehen lieber auf Nummer sicher und schützen unsere Anleger vor einseitigen Klauseln in Kreditverträgen und vor unvorhersehbaren Änderungen der Regeln, die das Renditeprofil der Anlage beeinträchtigen. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich der Leveraged-Loan-Markt wie in der Vergangenheit schlussendlich gegenüber den sich ändernden Vorschriften als robust erweisen wird.
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