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Wedelt der Schwanz mit dem Hund? Einige Überlegungen zur Belastbarkeit der ETF-Märkte

Da die Volatilität wieder in die Schlagzeilen zurückgekehrt ist, fragen sich einige Anleger, inwiefern börsengehandelte Fonds die Bewegungen der Märkte verschärfen. Jason Xavier, Head of EMEA ETF Capital Markets bei Franklin Templeton Investments, relativiert diese Bedenken und versucht, einige weitere Befürchtungen bezüglich der Widerstandsfähigkeit des Sektors zu zerstreuen.

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In unserem letzten Artikel hatten wir die wichtigsten Teilnehmer vorgestellt, die sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt am Handel mit börsengehandelten Fonds (ETFs) beteiligt sind.

Wir haben die Rolle des Market Makers von der des befugten Teilnehmers unterschieden und dargestellt, wie Primärmarkttransaktionen in Europa umgesetzt werden.

Dieser Artikel baut auf diesen Kenntnissen auf, um auf eine andere Frage einzugehen, die uns immer wieder gestellt wird: „Welche Auswirkungen würde der Ausfall oder Ausstieg eines dieser Teilnehmer aus dem Markt auf die Liquidität von ETFs haben?“

Wir hoffen, hiermit ein wenig Kontext zu bieten und eine Reihe unbegründeter Bedenken auszuräumen.

In Gesprächen mit Kunden tauchen immer wieder die folgenden beiden Themen auf:

  • Sorgen, dass ETFs den nächsten Abschwung verursachen werden bzw. dass ETFs Volatilität schaffen oder verschärfen.
  • Fragen über das Risiko, dass es bei Marktteilnehmern zu einem Ausfall kommt oder dass sie sich bei einer angespannten Marktlage vorübergehend oder dauerhaft aus dem Markt zurückziehen.

Bevor wir ausführlich auf diese Themen eingehen, sollten wir uns noch einmal vor Augen führen, dass der globale ETF-Markt ca. 10 % des globalen Universums offener Investmentfonds darstellt.1

Auch wenn wir in den letzten Jahren ein exponentielles Wachstum der Vermögenswerte globaler ETFs beobachten konnten, handelt es sich bei dem Sektor immer noch eindeutig um ein kleines Geschwisterchen eines sehr viel größeren Investmentfondsuniversums.

Die Berücksichtigung dieser relativen Position sollte dabei helfen, ein wenig Kontext für die Anschuldigung zu schaffen, dass der Einfluss von ETFs auf den breiteren Markt ein Fall ist, in dem „der Schwanz mit dem Hund wedelt“.

Verschärfen ETFs die Volatilität?

Volatilität ergibt sich aus den Kapitalströmen der Anleger. Letzten Endes liegt die Entscheidung bezüglich der Steuerung einer Anlage beim Endanleger.

Um diese Entscheidung umzusetzen, könnten unterschiedlichste Vehikel eingesetzt werden, von einem Engagement in Investmentfonds oder ETFs bis hin zu einem direkten Kauf bzw. Verkauf der zugrundeliegenden Aktien oder Anleihen. Und Anleger werden je nach Art des von ihnen gewählten Vehikels einen unterschiedlichen Grad an Transparenz erleben.

Wird die Entscheidung beispielsweise über einen Investmentfonds umgesetzt, hat dies in der Regel einen Handel zu Schlusskursen zur Folge.

Ein Anleger, der einen ETF verwendet, hat volle Transparenz bezüglich der preislichen Entwicklungen während des Handelstages und erhält damit praktisch Zugang zu einer demokratisierten Preisfindung und letztlich auch Volatilität.

Die Intra-Day-Flexibilität eines ETFs bietet Endanlegern dieselbe konkret umsetzbare Transparenz, die bisher ausschließlich Marktteilnehmern für Fondsanlagen vorbehalten war.

Unserer Analyse zufolge stellen ETFs also alles andere als eine Quelle erhöhter Volatilität dar. Im Gegenteil: sie demokratisieren die Volatilität und erlauben es Anlegern, zu erkennen, wie sich Risiken im Laufe eines Tages verändern.

Was passiert, wenn sich ein ETF-Marktteilnehmer zurückzieht oder wenn es zu einem Ausfall kommt?

Wir sollten uns kurz noch einmal die Rolle eines befugten Teilnehmers im ETF-Ökosystem vor Augen führen. Nähere Einzelheiten hierzu finden Sie in meinem letzten Artikel.

Ein befugter Teilnehmer (Authorised Participant, AP) fungiert als Intermediär zwischen Käufern und Verkäufern von ETF-Anteilen. Ein AP ist befugt, am Primärmarkt zu handeln, um die Auflegung und Rücknahme von Anteilen direkt beim Emittenten/Vermögensverwalter des ETFs zu unterstützen.

Bei diesen befugten Teilnehmern handelt es sich um Finanzinstitute, üblicherweise weithin bekannte Banken oder Börsenmakler, die bereits sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt mit allen börsennotierten Wertpapieren für Investmentfonds und ETFs handeln und letzten Endes auch die Aktivitäten bezüglich einzelner Aktien bzw. Anleihen bestimmen.

Wenn wir also die Folgen eines Ausfalls oder Rückzugs eines befugten Teilnehmers auf den ETF-Markt betrachten, sollten wir auch die übrigen Rollen beachten, die diese Organisationen innerhalb des breiteren Anlageuniversums spielen.

Diese Unternehmen nehmen ausnahmslos deshalb am Markt teil, weil ein wirtschaftlicher Vorteil besteht, der einen Anreiz für eine Beteiligung schafft. Befugte Teilnehmer sind genauso wenig verpflichtet, als Intermediär für den Handel mit Investmentfonds oder einzelnen Aktien zu fungieren, wie es bei ETFs der Fall ist.

Als Vorteile, die sich aus der Unterstützung von Primär- und Sekundärmarkttransaktionen ergeben können, werden häufig Provisionen für die Ausführung von Handelsaufträgen sowie Arbitrage-Gelegenheiten angeführt. In der Tat bieten sowohl Umsetzungsprovisionen als auch Arbitragemöglichkeiten einen Anreiz für den ETF-Handel am Primärmarkt. Infolgedessen enthält das ETF-Ökosystem eine ganze Reihe befugter Teilnehmer. Die meisten ETF-Manager wenden ein auf mehrere befugte Teilnehmer ausgerichtetes Modell an, wodurch sie ihre Abhängigkeit von einzelnen Intermediären effektiv diversifizieren.

Sollten sich also ein oder mehrere Marktteilnehmer zurückziehen, blieben immer noch weitere übrig, um eine Lösung zu bieten und Marktliquidität zu gewährleisten.

Aber was, wenn systemische Probleme auftreten, aufgrund derer es keine Marktteilnehmer zur Unterstützung des Primärmarkthandels mit ETFs mehr gibt?

In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten dieser Anbieter auch das Fundament des weltweiten Handels mit Aktien und Anleihen insgesamt bilden, würde ihre Abneigung bzw. Unfähigkeit, Handelsgeschäfte abzuschließen, weitläufigere Folgen haben – nicht nur für die 5 % des Marktes, die auf ETFs entfallen, sondern auch für die übrigen 95 %.

Hierbei handelt es sich also wohl kaum um einen Fall, in dem der Schwanz mit dem Hund wedelt.

Die früheren Artikel Jason Xaviers finden Sie hier.

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Welche Risiken bestehen?

Alle Anlagen beinhalten Risiken, auch den möglichen Verlust der Kapitalsumme. Der Wert von Anlagen kann fallen oder steigen, und Anleger erhalten möglicherweise nicht den vollen Anlagebetrag zurück. Maklerprovisionen und ETF Aufwendungen schmälern die Renditen. ETF Anteile können den Tag über zu ihrem Marktpreis an der Börse, an der sie notiert sind, gekauft oder verkauft werden. ETFs werden wie Aktien gehandelt. Ihr Marktwert schwankt, und sie können zu Kursen gehandelt werden, die über oder unter ihrem Nettoinventarwert liegen. Es kann jedoch nicht garantiert werden, dass ein aktiver Handelsmarkt für ETF Anteile entsteht oder gepflegt wird oder dass deren Notierung fortgeführt wird oder unverändert bleibt. ETF Anteile können zwar an Sekundärmärkten gehandelt werden, aber eventuell werden sie nicht unter allen Marktbedingungen ohne Weiteres gehandelt, und in Zeiten von Marktstörungen können sie erhebliche Abschläge aufweisen.

  1. Quelle: Investment Company Institute: Worldwide Regulated Open-End Fund Assets and Flows (Vermögen und Kapitalflüsse regulierter offener Fonds weltweit). Drittes Quartal 2018. Dezember 2019