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In den Turbulenzen der Coronakrise 2020 war die Entwicklung an den europäischen Aktienmärkten besonders schlecht, bei vielen Aktien wurden sogar die Dividenden eingeschränkt. Dennoch gehen wir davon aus, dass Europa im Verlauf des Jahres 2021 von einer V-förmigen Erholung der Wirtschaft profitieren dürfte, wenn die Verteilung eines Impfstoffs allen Volkswirtschaften zugute kommt. Die Impfungen werden zwar anfangs gefühlt nur langsam vorankommen, wir halten aber eine Beschleunigung für wahrscheinlich, die dann für einen exponentiellen Anstieg der positiven Effekte sorgt. Außerdem ist der Brexit endlich vollzogen und das Ende der Unsicherheit dürfte einigen Aktien nutzen, unter anderem heimischen britischen Aktien mit niedrigen Bewertungen. Viele Anleger schätzen die Situation in Europa kurzfristig negativ ein und die Erwartungen sind niedrig. Dennoch sehen wir viele Gründe für langfristigen Optimismus.
Ein Blick auf Europas positive Eigenschaften
Europa besteht aus vielen Ländern mit unterschiedlichen Kulturen und Blickwinkeln und einigen der höchsten Bruttoinlandsprodukten (BIP) pro Kopf weltweit. Die Europäische Union (EU) repräsentiert einen Teil dieser Länder und hat zu mehr Geschlossenheit in der Region beigetragen, unter anderem durch eine gemeinsame Währung, grenzüberschreitendes Reisen und Immigration sowie einen gemeinsamen EU-Haushalt. Seit der globalen Finanzkrise vor über zehn Jahren, die alle Volkswirtschaften und Aktienmärkte in Mitleidenschaft zog, hat sich das BIP in den Vereinigten Staaten und in Europa verdoppelt. Trotz der ähnlich gelagerten Wirtschaftsentwicklung konnte der europäische Aktienmarkt nicht mithalten und blieb vor allem hinter den USA zurück.
Aus unserer Sicht ignorieren die Anleger viele der positiven Eigenschaften Europas. Europäische Länder sind in vielen Bereichen weltweit führend – zum Beispiel bei grünen Geldanlagen, die den Planeten für künftige Generationen besser machen.
Generell gilt Europa zwar als überreguliert, aber nach unserer Auffassung kann man dies auch von der anderen Seite betrachten: als Führungsrolle Europas beim Schutz der Daten seiner Bürger. Zudem zieht Europa Unternehmen mit zu viel Macht zur Rechenschaft, fördert den Wettbewerb und ermöglicht kleineren Unternehmen den Markteintritt. Und schließlich war es auch im Umgang mit der Corona-Pandemie führend und nutzte die Krise, um die Region enger zusammenzubringen.
Grüne Taxonomie
Der gewählte US-Präsident Joe Biden hat zwar umweltpolitische Ambitionen, aber Europa steht bei Geldanlagen mit Umweltbezug ganz vorne. Gemessen am Anteil der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen – mit Windfarmen vor der deutschen Küste, Wasserkraft in Nordeuropa und der Verpflichtung auf die Pariser Klimaziele – spielt Europa auf der grünen Weltbühne die Hauptrolle. Ende 2019 verabschiedete die Europäische Kommission den Grünen Deal mit dem maßgeblichen Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Der Europäische Grüne Deal ist umfassend, auf Chancengleichheit ausgelegt und soll sicherstellen, dass in Europa tätige Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile erleiden, wenn sie Investitionen zum Wohle des Planeten tätigen. Der Plan enthält CO2-Zölle für den Import nach Europa. Sie werden auf Produkte aus Ländern erhoben, in denen keine ähnlichen Maßnahmen zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes, Anreize zur Abkehr von fossilen Brennstoffen und Unterstützung für den „grünen Kapitalismus“ gelten.
Weitere Maßnahmen des neuen Grünen Deals konzentrieren sich auf die nachhaltige Mobilität. Der Schienenverkehr ist eines der CO2-freundlichsten Transportmittel. Die Verbesserung des Schienennetzes und die Steigerung des Anteils, den der Schienenverkehr am Transport von Menschen und Gütern hat, ist für Unternehmen mit Anschluss an eine Schieneninfrastruktur günstig. Unternehmen, die Gleisbauten oder Instandhaltung anbieten, können die Eisenbahnunternehmen bei der Modernisierung ihres Schienennetzes unterstützen, wo dies erforderlich ist, den Zustand der bestehenden Gleisanlagen und deren Auslastung verbessern und die Standzeiten der Züge wegen ungeplanter Ausfälle mithilfe digitaler Zustandsüberwachung verringern.
Aus unserer Sicht wird Europa durch den Grünen Deal zum Vorreiter der weltweiten Anstrengungen in Richtung eines nachhaltigeren Planeten. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, beschrieb dies als Europas „Mondlandungs-Moment“ – wir können ihr nur zustimmen.
Datenschutz
Datenschutz und Datensicherheit sind vielen Bürgern wichtig und Europa ist in diesen Bereichen weiter als andere Länder. Am 25. Mai 2018 trat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft – sie enthält einige der strengsten Vorschriften zu Datenschutz und Datensicherheit weltweit. Die Verordnung enthält verpflichtende Vorschriften für Organisationen, die Daten von Bürgern der EU-Mitgliedstaaten erfassen oder sich an diese Bürger wenden, unabhängig davon, wo sie selbst ansässig sind. Diese Vorschriften verursachen Unternehmen zwar zusätzliche Kosten, aber wir sind der Meinung, dass die Vorteile der Sicherheit und des Schutzes personenbezogener Daten diese Kosten mehr als ausgleichen und dadurch die Gesellschaft insgesamt besser gestellt ist.
Regulierung von Technologiefirmen
Die EU war Technologieunternehmen gegenüber schon immer sehr streng. Die Kommission verhängte schon früh Geldbußen gegen Microsoft, ging in jüngster Zeit gegen soziale Medien und Plattformen vor und nimmt eine strenge Haltung im Hinblick auf Datenschutz, Hassrede und wettbewerbswidriges Verhalten ein. Europa ist in der Regulierung von Technologiefirmen führend und Unternehmen, die hier eine dominierende Marktstellung innehaben, werden strenger überwacht als in anderen Weltregionen.
Normalerweise geht man davon aus, dass Regulierung Unternehmen behindert, aber wir sehen noch einen anderen Aspekt in dieser Debatte: Regulierung kann den Wettbewerb fördern. Betrachtet man die Geschichte der kartellrechtlichen Regulierungsmaßnahmen, dann sind manche Anleger eventuell überrascht, wenn sie hören, dass die boomende Softwareindustrie als Reaktion auf drohende Maßnahmen gegen eine Monopolstellung von IBM gegründet wurde. IBM (International Business Machines) hatte das Software- und Hardwaregeschäft zusammengefasst, und als diese beiden Geschäftszweige getrennt wurden, erhielten kleine Softwareunternehmer Zugang zu dieser Wachstumsbranche.
Europa steht bei der Durchsetzung des Aufsichtsrechts in der Technologiebranche an der Spitze der Entwicklung. Aus unserer Sicht bietet dies Chancen für kleinere Firmen: sie können an Märkten in den Wettbewerb treten, in denen sie bisher wegen der dominierenden Stellung einiger weniger Unternehmen keine Möglichkeit dazu hatten. Damit steht Europa bei der Chancengleichheit in der Technologiebranche an vorderster Front.
Reaktion auf die Coronakrise
Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage des Pew Research Center sind die Bürger der 27 EU-Mitgliedstaaten weitgehend zufrieden mit den Corona-Maßnahmen ihrer Regierungen: 71 % der Bevölkerung befürworten die Reaktion ihres Landes auf die Pandemie.1In anderen Regionen, insbesondere den Vereinigten Staaten und Großbritannien, waren die Bürger hingegen deutlich weniger zufrieden mit der Reaktion ihrer Regierung auf die Pandemie: über die Hälfte der in diesen Ländern befragten Menschen beurteilten sie als „schlecht“.2Aus unserer Sicht dürfte der bessere Umgang Europas mit der Pandemie zu einer rascheren Bewältigung der Krise führen.
Vor allem zyklische Unternehmen dürften von der schnelleren wirtschaftlichen Erholung profitieren: so könnte beispielsweise die bessere Lage an den Absatzmärkten einem Hersteller preiswerter Chemieprodukte zugute kommen, ebenso das knappe Angebot, weil Kapitalprojekte wegen der Pandemie verschoben oder gestrichen wurden.
Mehr Einigkeit für die Zukunft
Die ersten Reaktionen auf die Coronakrise – Grenzschließungen und Bewegungseinschränkungen – standen dem Geist des Schengener Abkommens zwar entgegen, 3aber der Zusammenhalt innerhalb Europas wird besser. Trotz der oft umstrittenen Brexit-Verhandlungen dürfte Großbritannien ein enger Partner der EU bleiben. Innerhalb der EU bringt die Verabschiedung des europäischen Aufbaufonds mit seinem Paket aus Hilfsgeldern und Krediten für Regionen, die von der Pandemie am stärksten getroffen wurden, die Region wirtschaftlich stärker zusammen. Für finanzielle Integration sorgt die Emission einer gemeinsamen Anleihe.
Die Bürger Europas scheinen dem zuzustimmen – laut der Umfrage des Pew Research Center sind 44 % der Befragten der Meinung, das Coronavirus habe das Land stärker geeint. In den USA sind 77 % der Bürger der Auffassung, das Land sei stärker gespalten als vor der Pandemie.4
Als Investoren müssen wir uns auf die Zukunft konzentrieren und dürfen dabei die Vergangenheit nicht vergessen. Aus unserer Sicht nimmt Europa weltweit in vielen Bereichen eine Führungsrolle ein – von erneuerbaren Energien bis zu Datenschutz und Datensicherheit. Europa wird oft als stark reguliert betrachtet, aber wir sehen die möglichen Vorteile dieser Regulierung, die geeignet ist, in der Region noch über viele Jahre einen gesunden Wettbewerb zu fördern.
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1 Quellen: Pew Research Center, Weltwirtschaftsforum, „Menschen in diesen Ländern denken, dass der Umgang ihrer Regierung mit der Pandemie gut war“, 15. September 2020.
2 Ebd.
3Das Schengener Abkommen ist ein Vertrag, durch den in Europa der Schengenraum geschaffen wurde. Innerhalb des Schengenraums wurden interne Grenzkontrollen weitgehend abgeschafft und so Freizügigkeit zwischen den Ländern ermöglicht.
4 Ebd.