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Investitionen in Infrastruktur – Warum jetzt?

Infrastruktur hat in letzter Zeit an Beachtung gewonnen, da die Aktienmärkte allgemein im Jahr 2022 aufgrund von Inflation, steigenden Zinsen sowie, bedingt durch die Coronapandemie, von Störungen der globalen Lieferketten und des Kriegs in der Ukraine, schwächer tendierten. Shane Hurst, Portfoliomanager bei ClearBridge Investments, erläutert die Chancen und potenziellen Ertragsvorteile für Anleger in diesem Segment.

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Da Aktien im Jahr 2022 schwächer notieren und vor dem Hintergrund rasch aufeinander folgenden Ereignisse wie den aggressiven Zinsanhebungen der US-Notenbank und dem Krieg in der Ukraine gehandelt werden, hat die langfristige Perspektive von Anlagen in Infrastrukturwerten inzwischen an Attraktivität gewonnen. Zurückzuführen ist dies darauf, dass die Infrastrukturrenditen von Investitionsplänen in wichtige Dienstleistungen bestimmt werden, die zehn oder mehr Jahre in die Zukunft reichen, und darauf, dass diese Renditen im Laufe der Zeit steigen und im Vergleich zu Aktien eine hohe Vorhersagbarkeit bieten.

Die relative Vorhersehbarkeit von Infrastrukturrenditen wird durch regulierte und vertragsgebundene Anlagen gewährleistet, auf die wir uns beim Aufbau von Infrastrukturportfolios konzentrieren. Bei regulierten Anlagen, darunter der Transport und die Verteilung von Wasser, Strom und Gas, legt eine Aufsichtsbehörde fest, wie viel Umsatz ein Unternehmen mit seinen Vermögenswerten erzielen sollte. Da die Nachfrage nach diesen Vermögenswerten konstant ist und die Regulierungsbehörde die Einnahmen bestimmt, führt dieser Mechanismus über die Zeit zu relativ stabilen Cashflows. Hinzu kommt, dass es sich bei regulierten Vermögenswerten häufig um Monopole handelt. Und diese sind in der Regel defensiv ausgerichtet und generieren hohe Erträge.

Wir konzentrieren uns zudem auf nutzungsabhängige Anlagen, zu denen Flughäfen, Häfen, Schienenverkehr, Mautstraßen und Kommunikationsinfrastruktur gehören. Es sind langfristige Konzessionsverträge, die an das Wachstum der zugrundeliegenden Wirtschaft gekoppelt sind, d. h. sie sind an das Flug- und Frachtaufkommen, den Hafen- und Schienenverkehr oder die Nutzung von Mobilfunkmasten gebunden.

Inflationsabsicherung durch Infrastruktur

Aus unserer Sicht sollten zwei wesentliche Aspekte bei Infrastrukturwerten die Anleger gerade jetzt interessieren. Der erste ist die Eignung von Infrastruktur zur Inflationsabsicherung in Anlageportfolios. Die Inflation hat sich weltweit beschleunigt, als die Coronakrise abflaute und die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zurückkehrte, während bei den Lieferketten Schwierigkeiten bestanden, die Nachfrage zu befriedigen. Der Krieg in der Ukraine gab der Inflation einen weiteren Auftrieb: Europa verbraucht etwa 45 % des russischen Gases, und da Europa sowie weitere Regionen der Welt versuchen, sich vom russischen Gas zu lösen, was eine Verringerung des Angebots und eine Erhöhung der Nachfrage zur Folge hat, trug dieser Wandel zu einem Anstieg der Rohstoffpreise bei.

Bisher hat sich die Rohstoffinflation kaum auf regulierte Vermögenswerte ausgewirkt. In der Regel ist Infrastruktur in der Lage, sich an ein inflationäres Umfeld anzupassen, da die Inflation in der Regulierung und den Verträgen weitgehend einkalkuliert ist. Dies gilt sowohl für regulierte Versorger, die ihre zulässigen Renditen regelmäßig mit den Regulierungsbehörden neu festlegen, um inflationsbedingten Kostensteigerungen Rechnung zu tragen, als auch für nutzungsabhängige Werte, wie z. B. Mautstraßen oder Schienenverkehr, da beide Arten von Infrastrukturen inflationsgebundene Umsätze generieren.

Diese Preismacht ergibt sich aus der Unverzichtbarkeit von Infrastrukturwerten, denn auch in Phasen der wirtschaftlichen Schwäche nutzen die Verbraucher weiterhin Wasser, Strom und Gas, fahren auf Mautstraßen und nutzen andere unverzichtbare Infrastrukturdienstleistungen. Ebenso wichtig ist, dass die Erträge, die wir bei Infrastrukturwerten suchen, durch langfristige Verträge gesichert sind, durch die über einen langen Zeitraum hinweg ein steter Strom an Einnahmen gewährleistet ist.

Der Weg zu Klimaneutralität

Der zweite wichtige Aspekt, der das Interesse an Infrastrukturen verstärkt, ist ihre zentrale Rolle beim Trend zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft. Wir sind der Ansicht, dass die Dekarbonisierung, d. h. das Ziel der Klimaneutralität, eine starke Investitionsdynamik für Infrastrukturwerte mit sich bringt. Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen stehen dabei an vorderster Front und sind in der Lage, Anlegern eine stabile Eigenkapitalrendite ohne zusätzliches technisches Risiko zu bieten. Die jährlichen Investitionsaufwendungen im Energiesektor werden voraussichtlich von 760 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf 2,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2030 steigen,1 Dabei wird rund die Hälfte für die Erzeugung von Solar- und Windenergie sowie anderen erneuerbaren Energien und ein Drittel für die Modernisierung und den Ausbau der Stromnetze ausgegeben.

In einem Umfeld, in dem Kohlekraftwerke stillgelegt oder deutlich weniger zum Einsatz kommen und in dem Gas als Übergangsbrennstoff verwendet wird, müssen mehr Ausgaben für erneuerbare Energien getätigt werden, um den weltweiten Strombedarf zu decken. Nach unserer Schätzung müssen die Ausgaben für die Wind- und Solarenergieinfrastruktur mindestens um das Zehnfache des derzeitigen Niveaus steigen. Dieses Kapital wird voraussichtlich an regulierte Versorgungsunternehmen fließen, die diese Ressourcen ausbauen.

Zudem werden Elektrofahrzeuge von den Verbrauchern immer stärker akzeptiert und gekauft. Einigen Schätzungen zufolge sind heute etwa 20 % der jährlich verkauften Fahrzeuge elektrisch, und bis zum Jahr 2030 wird diese Zahl voraussichtlich auf 60 % ansteigen, allerdings sind die Zahlen von Land zu Land unterschiedlich. Gerade in Anbetracht der hohen Kraftstoffpreise, die für die Verbraucher derzeit im Vordergrund stehen, dürfte der Absatz von Elektrofahrzeugen weiter zunehmen.

Die weltweite Dekarbonisierung stößt möglicherweise weitere Veränderungen bei der Nutzung von Verkehrsmitteln an. In Zukunft könnte auch der Flugverkehr von den Auswirkungen steigender Kraftstoffpreise und CO2-Emissionen betroffen sein. Beispielsweise könnten Fluggesellschaften mit Steuern belegt werden, wenn ihre Flugverbindungen zu kurz sind, wodurch die Bahn und der öffentliche Nahverkehr für einige Verbraucher attraktiver würden.

Und während Pipelines für die Energieinfrastruktur erneut auf Interesse stoßen, da die Energiesicherheit zu einer strategischen Priorität geworden ist (z. B. in Europa), treiben auch Midstream-Pipelines allmählich die Energiewende durch Wasserstoff oder Kohlenstoffabscheidung und -speicherung voran. Es sind Technologien, die sich in der Entwicklung befinden und bei den Anstrengungen für Klimaneutralität eine immer größere Rolle spielen werden.

Somit gibt es mehrere Infrastruktursegmente, die von dem positiven Schub der Dekarbonisierung profitieren, ganz zu schweigen von anderen langfristigen Trends wie 5G, die Investitionen in Kommunikationstürme anstoßen. Da Infrastrukturwerte die Inflation weitgehend weitergeben und laufende Erträge erwirtschaften können, überrascht es wenig, dass sie für Anleger derzeit so attraktiv sind.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in Infrastruktur zu investieren. Vorzugsweise konzentrieren wir uns dabei auf eine diversifizierte Gruppe von großen, liquiden und qualitativ hochwertigen Infrastrukturunternehmen in aller Welt. Wir suchen nach Unternehmen mit soliden, vorhersehbaren Cashflows. An illiquiden Vermögenswerten oder Unternehmen mit volatilen Cashflows, einschließlich wettbewerbsfähiger Vermögenswerte und Unternehmen, die in der Regel nicht reguliert sind und ein Rohstoffpreisrisiko aufweisen, sind wir nicht interessiert. Darüber hinaus beobachten wir, dass nach wie vor privates Infrastrukturkapital an die börsennotierten Märkte strömt, da nach attraktiv bewerteten Vermögenswerten für Übernahmen gesucht wird.

Angesichts von 300 bis 400 Milliarden US-Dollar Liquidität – Kapital, das für Investitionen abgerufen werden kann –  profitieren somit die Unternehmen des börsennotierten Infrastrukturuniversums von nicht börsennotierten Akteuren. Diese Unternehmen veräußern Vermögenswerte, die häufig nicht zum Kerngeschäft gehören oder Minderheitsbeteiligungen darstellen, und zwar zu Preisen, die über dem aktuellen Kurs liegen. Wir haben festgestellt, dass diese Veräußerungen im Durchschnitt mit einem Aufschlag von etwa 30 % auf den aktuellen Kurs oder den impliziten Wert dieser Unternehmen erfolgen.

Insgesamt können die Chancen, die sich für Infrastrukturanleger ergeben, aus unserer Sicht nur wachsen. Sie profitieren dabei von einer Reihe überzeugender Faktoren, einschließlich attraktiver Bewertungen und potenzieller Dividenden, die Anleger, die laufende Erträge erwirtschaften möchten, überzeugen dürften.

Aus diesem Grund verfolgt unser Team einen soliden Ansatz bei der Aktienauswahl und sucht in den Industrie- und Schwellenländern nach börsennotierten und liquiden Infrastrukturunternehmen, die unserer Einschätzung nach gut aufgestellt sind, um von der allumfassenden, generationsübergreifenden Entwicklung hin zur Dekarbonisierung zu profitieren. Wir konzentrieren uns auf regulierte und vertragsgebundene Versorgungsunternehmen und nutzungsabhängige Anlagen und streben stabile Renditen mit stetigen und wachsenden Cashflows sowie Dividenden an, die über die Zeit mit geringer Volatilität steigen.